Wirtschaftslage: "Zweitbestes Ergebnis einer Frühjahrsumfrage seit 25 Jahren"

Konjunkturaufschwung im Handwerk setzt sich fort: 89 Prozent der Unternehmen in der Region Köln-Bonn stufen die aktuelle Wirtschaftslage als gut oder befriedigend ein

Wachstumsrisiken aus Sicht des Handwerks: Die Entwicklung bei den Fachkräften und die schwierige Verkehrslage

Weltrich lehnt Überlegungen, die Zufahrt von Dieselfahrzeugen in die Innenstädte zu beschränken, ab

Die Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn sind mit viel Schwung ins Jahr 2016 gestartet. Der Großteil der Betriebe ist mit der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung sehr zufrieden, das machen die Ergebnisse der Frühjahrsumfrage der Handwerkskammer deutlich. Denn nur elf Prozent der befragten Unternehmer sprechen von einer schlechten Geschäftslage, das ist keine Veränderung gegenüber dem Frühjahr 2015. Als "befriedigend" stufen 42 Prozent der Handwerksbetriebe (Frühjahr 2015: 46 Prozent) den Wirtschaftsverlauf ein. Der Anteil der Betriebe mit guter Geschäftslage ist innerhalb eines Jahres nochmals gestiegen, von 43 auf 47 Prozent. "Alles in allem ist dies das zweitbeste Ergebnis einer Frühjahrsumfrage seit 25 Jahren", erläutert Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. Den Fragebogen der Handwerkskammer hatten von Mitte März bis Mitte April rund 500 Betriebe ausgefüllt.

Mit viel Zuversicht gehen die Handwerksunternehmen der Region Köln-Bonn in das Sommerhalbjahr. Denn 32 Prozent der Handwerksunternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine weitere Verbesserung der Geschäftslage, nur acht Prozent befürchten eine Verschlechterung. 61 Prozent der Betriebsinhaber rechnen mit einer gleichbleibenden Entwicklung, was "bei der guten Ausgangslage bereits ein sehr erfreuliches Ergebnis ist", so Weltrich.

Anders als in früheren Jahren gab es im letzten Winterhalbjahr keinen Beschäftigungsrückgang. Denn in 17 Prozent der Unternehmen stieg die Beschäftigtenzahl, nur 13 Prozent beschäftigen derzeit weniger Mitarbeiter als vor einem halben Jahr. In 70 Prozent der befragten Unternehmen gab es in den zurückliegenden sechs Monaten keine Veränderung im Personalbestand. Das Wirtschaftswachstum wird derzeit von der Konsumnachfrage der privaten Haushalte getragen, die wegen der Ausweitung der Beschäftigung, wegen des Reallohnanstiegs und der sinkenden Ölpreise über mehr Kaufkraft verfügen. Das verbessert die Rahmenbedingungen für die Handwerkszweige, die Güter und Dienstleistungen für den Endverbraucher anbieten. So ist in diesem Frühjahr das Stimmungsbild im Lebensmittelhandwerk (Bäcker, Konditoren, Fleischer) ausgesprochen erfreulich, zwei Drittel der Betriebe bewerten den aktuellen Geschäftsverlauf als gut. Von einer so positiven Einschätzung ist die Gruppe "Handwerke für den privaten Bedarf" (Friseure, Kosmetiker usw.) derzeit noch entfernt, doch auch hier wächst der Optimismus: 39 Prozent dieser Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine Verbesserung der Wirtschaftslage.

Der Spitzenreiter beim aktuellen Konjunkturbarometer des Handwerks sind die Bauhauptgewerbe, nur drei Prozent der befragten Unternehmer sprechen von einer schlechten Geschäftslage. Auch für den Großteil der Ausbaugewerbe fällt die Bilanz sehr zufriedenstellend aus: Dass die Geschäftslage des Betriebs gut ist, teilen 59 Prozent der Elektrobetriebe und sogar 65 Prozent der Sanitär- und Heizungsbaufirmen mit. Ein Indiz dafür, dass die Unternehmen aus den Bau- und Ausbauhandwerken in diesem Jahr mit guten Wachstumsbedingungen rechnen können, ist der Aufwärtstrend im Wohnungsbau: Die Zahl der von den Bauämtern genehmigten Wohnungen hat sich im Jahr 2015 in Nordrhein-Westfalen sprunghaft erhöht, um 22 Prozent auf fast 56.000 Wohnungen. Im Regierungsbezirk Köln stieg die Zahl der genehmigten Wohnungen sogar um 36 Prozent. Weniger schwungvoll entwickelt sich derzeit der Wohnungsmarkt in der Stadt Köln, hier wurde bei den Baugenehmigungen nur ein Plus von fünf Prozent erreicht. Hingegen liegt der Anstieg der Baugenehmigungen im Rhein-Erft-Kreis (mit 48 Prozent) und im Rheinisch-Bergischen Kreis (mit 45 Prozent) deutlich über dem Landesdurchschnitt.

Trotz erfreulicher Perspektiven können nicht alle Ausbildungsplätze, die die Unternehmen der Bau- und Ausbauhandwerke anbieten, besetzt werden. Das wird mittel- und langfristig den Fachkräftemangel in diesen Handwerkszweigen verschärfen und sich als Wachstumsbremse erweisen. Ein weiteres Risiko für den Konjunkturverlauf ist die schwierige Verkehrslage im Ballungsraum Köln-Bonn, immer mehr Firmenfahrzeuge stehen immer länger im Stau. Im Handwerk des Kammerbezirks Köln summieren sich die Kosten, "die unseren Mitgliedsbetrieben aufgrund unproduktiver Zeiten durch Staus entstehen, auf jährlich rund 240 Millionen Euro, so das Ergebnis unserer Umfrage aus 2015. Derzeit lassen wir anhand der Ergebnisse einer neuen Befragung diese Berechnung aktualisieren, doch ich befürchte, dass hier keine Verbesserung in Aussicht ist", zeigt sich Weltrich pessimistisch.

Er begrüßt die Anstrengungen der Stadt Köln und der Bezirksregierung, die Koordinierung von Baustellen zu verbessern. Zudem freut sich die Handwerkskammer, dass die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP im Kölner Stadtrat eine langjährige Forderung der Kammer aufgreifen wollen und sich für die Anschaffung eines leistungsfähigeren Verkehrsrechners einsetzen, mit Hilfe moderner Verkehrsleittechnik sollen die Verkehrsströme auf Kölner Straßen optimiert werden.

Die Absicht der Umweltminister der Bundesländer, im Straßenverkehr zusätzlich zu den bisherigen Plaketten eine blaue Plakette einzuführen, lehnt Weltrich ab. Wenn die Umweltzonen in den nordrhein-westfälischen Städten zumindest in Teilen bald nur noch von Fahrzeugen mit blauer Plakette befahren werden dürfen, "wäre das für das Handwerk eine Katastrophe: Denn viele Betriebe haben im Zuge der Verschärfung der Umweltzonen Fahrzeuge mit teuren Partikelfiltern nachgerüstet oder neue Nutzfahrzeuge mit grünen Plaketten angeschafft. Diese Fahrzeuge, die auf eine Nutzungsdauer von bis zu 15 Jahren und mehr ausgelegt sind, würden für die Betriebe schlagartig wertlos, wenn Dieselfahrzeuge mit grüner Plakette nicht mehr die Umweltzonen befahren dürften."