Am Ende entscheidet die Ausbildungsqualität

Fünf Fragen an Dr. Markus Th. Eickhoff, stellvertretender Geschäftsführer Bildungspolitik der Handwerkskammer zu Köln

 

 

Natürlich strebt ein Ausbildungsbetrieb nach hoher Qualität. Schließlich sind gut qualifizierte Mitarbeiter vielseitig einsetzbar. Was sind die Stellschrauben für Ausbildungsqualität?

 

Der Qualitätsbegriff bezieht sich allgemein auf den Input, auf den Prozess und auf den Output/das Outcome. Mit Blick auf die Berufsausbildung sind die Nachwuchssicherung (Input), die alltägliche Praxis während der Ausbildungszeit (Prozess) sowie die Prüfungen (Outcome) die relevanten Stellschrauben.

 

Wieso ist die Nachwuchssicherung von Bedeutung?

 

In der Nachwuchssicherung gilt es, die richtigen Bewerberinnen und Bewerber zu finden und für den eigenen Betrieb sowie die dortigen Ausbildungsberufe zu begeistern. In den letzten Jahren hat sich der Ausbildungsstellenmarkt massiv verändert. Suchten vorher Schülerinnen und Schüler freie Ausbildungsplätze, so streben sie heute viel mehr zu höheren Schulabschlüssen und dann ins Studium. In dieser Konkurrenz bewerben sich inzwischen die Betriebe um die zukünftigen Nachwuchskräfte.

 

Die jungen Leute haben zudem besondere Erwartungen. Sie wachsen mit digitalen Endgeräten wie Tablet oder Smartphone auf. Das prägt auch ihre berufliche Orientierung und die Suche nach einer Lehrstelle. Viele Betriebe präsentieren sich bereits im Internet und in den sozialen Netzwerken. Kurze Videos finden bei der Zielgruppe großen Zuspruch. Zu empfehlen ist es jedoch auch, über Schnuppertage und Praktika Erfahrungsräume zu öffnen. Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber sollen sich ausprobieren und Berufe unter Anleitung kennen lernen.

 

Die Passgenaue Ausbildungsvermittlung der Handwerkskammer zu Köln unterstützt die Mitgliedsbetriebe. Gemeinsam werden Ausbildungsmöglichkeiten gesucht und Stellenprofile ausgearbeitet. Anschließend werden den Betrieben geeignete Bewerberinnen und Bewerber zugeführt. Wir treffen also für interessierte Betriebe eine Vorauswahl. Außerdem organisieren wir Ausbildungsbörsen und Speeddatings, bei denen sich Betriebe präsentieren können. Der Service der Ausbildungsvermittlung ist kostenfrei.

 

Wie geht es während der Berufsausbildung weiter?

 

Zunächst gilt es zu beachten, dass der Schritt in die Berufsausbildung für die Nachwuchskräfte mit großen Veränderungen einhergeht. Statt des vertrauten Systems Schule geht es nun in die noch fremde Arbeitswelt. Dort hat beispielsweise die Einbindung in die Betriebsgemeinschaft eine ganz andere Bedeutung. Auch die Betriebshierarchie ist nicht mit dem Schüler-Lehrer-Verhältnis vergleichbar. Deshalb sollten Ausbildungsbetriebe die erste Phase, das so genannte Onboarding, ganz eng begleiten. Andernfalls kann es zu einer Probezeitkündigung durch die Nachwuchskraft kommen. Schließlich sind die jungen Leute bei den aktuellen Marktverhältnissen nicht auf den einen Ausbildungsplatz angewiesen. Mit weiterem Schulbesuch, Betriebs- oder Berufswechsel stehen viele Alternativen offen.

 

Aus den digitalen Medien ist „die Jugend von heute“ eine ständige und zeitnahe Rückmeldung gewohnt. Auf Posts folgen Likes und über Massagenderdienste werden ganze Adressatengruppen zeitgleich informiert oder eingebunden. Wen wundert es da, dass die Auszubildenden auch in der Berufsausbildung hohen Wert auf Bestätigungen seitens des Ausbildungspersonals legen?

 

Die Ausbildungsberatung der Handwerkskammer zu Köln steht allen an der Berufsausbildung Beteiligten mit Rat und Tat zur Seite - kostenfrei. Die dortigen Kolleginnen und Kollegen kennen sich sowohl in der Pädagogik als auch im Berufsbildungsrecht aus und finden zu den Herausforderungen des Alltags passende Antworten.

 

Nicht für die Prüfung, sondern für´s Leben lernen wir. Welche Rolle kommt den Prüfungen bei der Ausbildungsqualität zu?

 

Eben weil wir für das Leben lernen, soll in den Prüfungen die berufliche Handlungskompetenz überprüft werden. Es gilt, den Berufsalltag von Gesellinnen und Gesellen abzubilden und einen Rahmen zu schaffen, in denen sich die Prüflinge beweisen können.

 

Damit die eigenen Nachwuchskräfte die Prüfung bestehen und im Anschluss an die Berufsausbildung gute und vielseitig einsetzbare Fachkräfte werden, ist das Berufsbild in der gesamten Breite zu vermitteln. Darüber hinaus bedeutet Berufsausbildung auch Persönlichkeitsentwicklung. In den meisten Handwerksberufen gehen die geforderten Kompetenzen weit über das Fachliche hinaus. Oft machen Eigenschaften wie Kundenorientierung, Selbstständigkeit, Kommunikationsstärke, Teamfähigkeit, Problemlösungskompetenz usw. den entscheidenden Unterschied aus.

 

Auszubildende sollten - egal wie qualitativ hochwertig ausgebildet wurde - eine gezielte Prüfungsvorbereitung durchlaufen. Schließlich ist die Prüfungssituation eine neue Erfahrung, auf die es sich einzustellen gilt.

 

Qualitativ hochwertige Berufsausbildung ist mit viel Einsatz verbunden. Warum sollen Betriebe diese Investitionen auf sich nehmen?

 

In meinen Augen ist das keine Frage des Sollens, sondern des Müssens. Die Zukunft der meisten Handwerksbetriebe ist abhängig von kompetenten Fachkräften. Da die Margen im Handwerk eng sind, wird man das Personal nicht von anderen Betrieben abwerben können. Auszubilden ist deshalb die Strategie des Handwerks zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs. Läuft ein Azubi während der Berufsausbildung lediglich mit oder schleppt er die ganze Zeit nur die Werkzeugkiste des Gesellen, wird er nichts oder wenig lernen. Dann wird er nach Ausbildungsende die an ihn gerichteten Erwartungen nur eingeschränkt erfüllen können.

 

Aus Sicht der Nachwuchssicherung gilt außerdem zu bedenken, dass sich die jungen Leute - insbesondere in den sozialen Netzwerken - über ihre Erfahrungen austauschen. Ein wertgeschätzter, geforderter und geförderter Auszubildender berichtet positiv, wovon sein Ausbildungsbetrieb profitiert: Er wird in den kommenden Jahren wieder Bewerbungen von geeigneten Nachwuchskräften bekommen.