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Rudolf Wichert
Hans Peter Wollseifer

In meinem neuen Blog fordere ich die Landesregierung dazu auf, endlich etwas zu unternehmen, um das wirtschaftliche Wachstum in NRW wieder anzukurbeln. Die Rezepte dafür sind einfach. Außerdem warne ich vor der Einführung der Hygiene Ampel - diesem existenzgefährdenden Pranger, der auch schon bei einer geringfügigen Beanstandung auf rot springt. Welche Hürden dann genommen werden müssen, um wieder auf grün zu kommen, sind absurd. Ebenso nicht hinnehmbar sind die Lücken im Mängelgewährleistungsgesetz. Durch die rechtlichen Fallstricke bleibt im schlimmsten Fall der Handwerker doch noch auf seinen Folgekosten sitzen. Und in Köln hinkt die Wirtschaftsförderung den Nachbarstädten Bonn und Leverkusen hinterher. Warum lesen Sie in meinem neuen Blog.Blog von Hans Peter Wollseifer (17)

Liebe Mitgliedsbetriebe,
vor kurzem auf dem deutsch-französischen Handwerkskammertreffen in Lille wurde ich auch gefragt, wie ich als Unternehmer zum Europäischen Gedanken stehe. Trotz aller Kritik bekenne ich mich zu Europa und zur EU! Wir müssen sie nur besser machen. Vielfalt zum Beispiel ist eine Stärke auf die die EU setzen sollte. Fairer Wettbewerb statt Gleichmacherei um jeden Preis. In Deutschland führen wir gerade eine Gerechtigkeitsdebatte - der Wahlkampf 2017 lässt grüßen. Ich bin immer noch der Meinung, durch Umverteilung und Gleichmacherei lässt sich keine Gerechtigkeit herstellen. Wir dürfen die Leistungsträger in der Gesellschaft nicht immer stärker belasten. Die Konjunktur läuft - noch. Die Beschäftigung ist hoch - noch. Die Rentensysteme halten - noch. Und die Steuereinnahmen sprudeln - weiterhin. Wir haben in unserer Kölner Kammer das zweitbeste Ergebnis einer Frühjahrsumfrage seit 25 Jahren. Die Kauflaune bei den Menschen ist gut. Das wirkt sich positiv auf das Handwerk aus und verschafft uns volle Auftragsbücher. Das Handwerk leistet also einen guten Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum.

Null-Wachstum in NRW ist hausgemacht

Wie passen aber solche Zahlen zu der Tatsache, dass NRW ein beschämendes Null-Wachstum an den Tag legt? Zum einen liegt es daran, dass einige große Player am Ende sind. Unsere Handwerksbetriebe mit den guten Wachstumsraten können das wirtschaftlich gar nicht ausgleichen, was große Energie- und Stahlkonzerne im Moment an Umsatz einbüßen. Andererseits bin ich auch der Meinung, die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Statt Wirtschaftswachstum zu fördern, werden nur Steine in den Weg gelegt. Aus denen kann man zwar was Schönes bauen, wie ich gern zitiere, aber ein Klimaschutzplan oder ein Landesentwicklungsplan (LEP) sind schon dicke Brocken, die wirtschaftliches Wachstum erschweren. Da geht es unter anderem um die Ausweisung neuer Gewerbegebiete. Der LEP hat aber zum Ziel weniger Flächen für Gewerbeansiedlungen zur Verfügung zu stellen. Deshalb sollen Firmen ihre Neubauten auf alten Industriebrachen errichten, statt gleich neben ihrem Hauptbetrieb. Und es geht oft in der Politik immer nur um Neuansiedlungen, bei denen die Großindustrie oder Versicherungen dem Mittelstand vorgezogen werden. Bei solchen Diskussionen sinkt die Stimmung bei Unternehmern. Die Verunsicherung steigt und man fragt sich: Ist Wirtschaft in NRW überhaupt willkommen? Bis zum Herbst soll der LEP durch den Landtag. Grüne Flächen sind zwar schön, sie sichern aber nicht den Wirtschaftsstandort NRW. Ein Bekenntnis zur Wirtschaft sieht anders aus. Wo bleibt der Plan, wie die Regierung den Investitionsstau löst und wieder Schwung in das Wachstum kommt? Das Rezept ist doch ganz einfach: Sichere langfristige Rahmenbedingungen und weniger Bürokratie!

Rot für die Hygiene-Ampel

Leider setzt das Land gern noch einen drauf durch neue bürokratische Gängelung: Der grüne NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel kündigte an, die Hygiene-Ampel in NRW ab 2019 verpflichtend einzuführen. Bislang ist das rot-gelb-grüne Kontrollbarometer für alle Betriebe, die Lebensmittel herstellen oder verkaufen, freiwillig. Dazu zählen Gaststätten, Bäckereien, Metzgereien und produzierendes Gewerbe. Auf den ersten Blick eine gute Hilfestellung für den Verbraucher. Aber wenn man genau hinsieht, kann man nur dagegen sein: Jeder Meisterbetrieb bürgt mit seinem Meisterbrief schon für Qualität und Vertrauen. Eine Ampel, kommt einer Brandmarkung des Betriebes gleich. Denn die Kriterien, nach denen die Ampel vergeben wird, sagen nichts über Qualität des Betriebes oder Qualität der Lebensmittel aus. Denn auch geringfügige Beanstandungen des Kontrolleuers, wie etwa eine falsche Angabe bei Inhaltstoffen, führen zu einer bleibenden sichtbaren Abstempelung. Der Handwerker kann sich rechtlich nicht dagegen wehren. Er muss tatenlos zusehen, wie eine subjektive Bewertung eines Kontrolleurs den Betrieb für alle sichtbar schlecht macht. Existenzgefährdend ist es noch dazu, wenn die Bewertung im Internet steht. Im Netz ist sie auch noch für alle Zeit lesbar, selbst wenn sich die Beanstandung längst verbessert hat. Und wer einmal eine schlechte Bewertung erhalten hat - ob berechtigt oder nicht - kann sich nur noch freikaufen. Die zusätzliche amtliche Kontrolle um die Ampel auf grün zu stellen, kostet! Wer nicht zahlt wird zwar geprüft, aber die Ampel bleibt rot! Die Richtigkeit der Ampel hängt also davon ab, ob der Betrieb zahlt, oder nicht. Das entspricht nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen, oder wie ich sage: Das ist Abzocke! Ich bin strikt gegen eine solche Hygiene-Ampel. Wir werden jetzt um politische Mehrheiten kämpfen, die diesen existenzgefährdenden Pranger schnell ad acta legen.

Mängelgewährleistungsgesetz hat Mängel

Ein simples Beispiel macht deutlich, welche Schäden Betriebe immer wieder erleiden: 100 qm frischverlegter Fliesenboden zeigt Mängel im Produkt. Der Handwerker baut ihn beim Kunden aus und einen neuen wieder ein. Für seine Arbeit sieht er keinen Cent – der Hersteller tauscht nur die defekten Fliesen aus. Diese Ungerechtigkeit hat schon jeder Handwerker teuer zu spüren bekommen. Warum muss im Fall eines Produktfehlers der Industrie der Handwerker für die entstehenden Folgekosten haften - und nicht die Hersteller? Wir haben gegen diese Rechtslage protestiert. Mit Erfolg: das Gewährleistungsrecht wird korrigiert. Künftig sollen Handwerker nicht mehr pauschal die Aus- und Einbaukosten aufgrund von Materialfehlern tragen müssen. Wer den Materialmangel verursacht hat, übernimmt die Kosten. So weit so gut. Aber der Gesetzentwurf hat eine zentrale Schwäche: Händler und Hersteller können die Rechte von Handwerkern in ihren AGB, Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließen. Im neuen Gesetz fehlt ein klares Verbot zur Beschneidung der Ansprüche von Handwerkern, die im Mängelfall keine Schuld trifft! Die Reform des Gewährleistungsrechtes könnte sich als Mogelpackung entpuppen. Es hat zu viele Schlupflöcher, die dazu führen, dass am Ende der Streit um Ein-und Ausbaukosten vor Gericht endet. Aber welcher kleine Handwerksbetrieb nimmt einen langen Rechtsstreit gegen einen industriellen Großkonzern in Kauf? Das klingt wie der ungleiche Kampf David gegen Goliath. Sozusagen durch die Hintertür besteht also die Gefahr, die Gewährleistungspflicht bei Mängeln am Produkt wieder auf das Handwerk abzuwälzen. Hier fordern wir im Namen unserer Handwerksbetriebe: Die wichtige Reform darf nicht dadurch verwässert werden, dass der Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern gesetzlich unklar und damit anfällig für Rechtsstreitigkeiten wird.

Endspurt bei der Erbschaftssteuer

Für uns Handwerker ist die aktuelle Debatte über die Erbschaftsteuer wichtig. Denn in den nächsten fünf Jahren wird fast jeder fünfte Betrieb im Handwerk übergeben. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2016 gesetzt, bis dahin müssen wir ein verfassungsfestes Gesetz haben. Der ZDH erreichte bereits wichtige Korrekturen im vorliegenden Gesetzentwurf. Aber es gibt noch erheblichen Nachholbedarf für die Belange unserer Betriebe. Positiv für das Handwerk ist erst einmal, dass die Flat-Tax-Idee mit einem einheitlichen, niedrigen Steuersatz von drei Prozent des Betriebsgewinns vom Tisch ist. Diese Variante hätte dazu geführt, dass viele belastet und einige wenige Großvermögen entlastet werden. Die Nutznießer eines niedrigen Einheitssteuersatzes wären demnach große Unternehmen gewesen. Das kann nicht der richtige Weg sein. Nun haben wir einen Kompromiss, der mir nicht gefällt: Es geht um den Nachweis über den Erhalt der Arbeitsplätze als Voraussetzung für die Verschonung der Steuer. Wenn der Betrieb bis zu drei Mitarbeiter hat, braucht er keinen Nachweis für die Verschonung. Hier forderte ich eine höhere Mitarbeiterzahl. Denn ein mittlerer Handwerksbetrieb beschäftigt fünf bis sechs Mitarbeiter. Betriebe mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, etwa für Alleinerziehende, dürfen nicht benachteiligt werden. Ich sehe schon, auch das neue Erbschaftsteuergesetz wird so kompliziert, dass von Entbürokratisierung und Vereinfachung des Steuerrechts keine Rede sein kann.

Wirtschaftsförderung muss auch in Köln Chefsache sein

Eine Stadt kann ihre zahlreichen Aufgaben nur bezahlen, wenn es mit der Wirtschaft weiter aufwärts geht und die Steuerquelle sprudelt. Dafür muss die Politik die Voraussetzungen schaffen. Andere Städte haben es verstanden: Kurz nach der OB Wahl im Herbst 2015 wurde die Wirtschaftsförderung in Bonn zur Chefsache erklärt. In Leverkusen läuft sie schon seit Jahren gut und in Köln? Hier warten wir seit der Oberbürgermeisterwahl noch auf eine Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung. Wussten Sie, dass mehr als die Hälfte der Handwerksbetriebe noch nie Kontakt zur Wirtschaftsförderung hatten? Das geht gar nicht. Eine Wirtschafförderung muss proaktiv auf die Unternehmen zugehen. Wir fordern einen Ansprechpartner auf Augenhöhe. Einen mit Entscheidungskompetenz für wirtschaftliche Belange. Chefsache wäre der richtige Weg.

Wie sehen Sie das?
Über Ihre Meinung würde ich mich freuen. Schreiben Sie mir unter wollseifer-blog@hwk-koeln.de

Herzlichst
Ihr Hans Peter Wollseifer

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