Anscheinsbeweis bei Brand nach gefährlichen Dachdeckerarbeiten

Wie schwer es ist, in einer zivilprossualen Auseinandersetzung bestimmte Geschehensabläufe, für die ein sog. Anscheinsbeweis spricht, zu entkräften, musste kürzlich ein Dachdeckerbetrieb erfahren. Diesem war es nicht gelungen, den Anscheinsbeweis durch den Gegenbeweis eines anderen, atypischen Kausalverlaufes zu erschüttern.

Eine Brandversicherung nahm einen Dachdeckerbetrieb wegen eines Brandes an einem Fabrikgebäude in Regress, das beim Neueindecken des Daches in Brand geraten war. Der Dachdeckerbetrieb hatte auf der von einer Zimmerei erneuerten Holzkonstruktion neue Bitumenbahnen verlegt. Diese wurden nach Vernagelung und Fixierung mit einem Kaltklebestreifen mittels eines Brenners bis zum Schmelzen des Bitumens erhitzt und durch Andrücken verbunden. Schon wenige Minuten danach fing der Dachstuhl an zu brennen. Das Fabrikgebäude und das Nachbargebäude wurden hierdurch erheblich beschädigt. Es folgte eine gerichtliche Auseinandersetzung über mehrere Instanzen, in denen es um die Frage ging, ob den Dachdeckerbetrieb ein (alleiniges) Verschulden an dem Brandschaden trifft.

Nach uneinheitlichen Urteilen in den Vorinstanzen kam schließlich der Bundesgerichtshof (BGH) zu dem Ergebnis, dass von einem Verschulden der Arbeiter des Dachdeckerbetriebes auszugehen ist. Der nur wenige Minuten nach Beendigung der Arbeiten mit offenem Feuer ausgebrochene Brand sowie der Umstand, dass sich unter der Holzkonstruktion eine papierkaschierte, leicht entflammbare Dämmung befand, deuteten nach Ansicht des BGH zweifellos auf die Dachdeckerarbeiten als Brandursache hin. Diesen Anscheinsbeweis konnte der Dachdeckerbetrieb nicht widerlegen.

Auch der Einwand des beklagten Dachbeckerbetriebes, den Gebäudeeigentümer träfe ein Mitverschulden an dem Brand, da er auf die Entflammbarkeit der Unter-konstruktion nicht hingewiesen hatte, ließ das Gericht nicht gelten. Es stellte vielmehr klar, dass der Dachdeckerbetrieb als Fachunternehmen aufgrund der vorangegangenen Öffnung eines Teilbereichs des Daches die erhöhte Brandgefahr durch das Vorhandensein des papierkaschierten Dämmstoffes erkannt hatte oder jedenfalls diese hätte erkennen müssen.

(BGH, Urt. v. 01.10.2013 – VI ZR 409/12)



RA'in  S. Schönewald, 27.03.2014