Ratgeber AusbildungsrechtAbmahnung

Wann ist eine Abmahnung erforderlich?

Vor Ausspruch einer Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens (sog. verhaltensbedingte Kündigung)

  • z.B. wegen unentschuldigten Fehlens in der Berufsschule
  • oder ähnlichen Gründen wie z.B. mangelnder Bereitschaft zur Eingliederung in die betriebliche Ordnung

muss der Auszubildende abgemahnt werden. Der Ausbildungsbetrieb muss dem Auszubildenden also in diesen Fällen zuerst die "gelbe Karte" zeigen und ihn damit Gelegenheit gegeben, sein Verhalten zu ändern.

Nur bei schweren Vertrauensverstößen (z. B. bei Unterschlagung eines größeren Geldbetrages) kann eine Kündigung direkt ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.



Kann jedes unerwünschte Verhalten abgemahnt werden?

Nur ein willentlich steuerbares Verhalten kann abgemahnt werden. Verursacht ein Azubi beispielsweise durch einen Fehler einen finanziellen Schaden, heißt das nicht automatisch, dass auch eine Abmahnung erfolgen kann. Maßgeblich ist dann, warum der Azubi den Fehler verursacht hat.

War er unkonzentriert, hat er sich während der Tätigkeit mit privaten Telefonaten abgelenkt oder hatte er keine Lust, so kann dies Gegenstand einer Abmahnung sein.

Nicht dagegen, wenn er aufgrund seiner Fähigkeiten oder seines Ausbildungsstandes gar nicht in der Lage war, ein besseres Ergebnis zu erzielen.

Fazit: Es kann nur Unwilligkeit, nicht aber Unfähigkeit abgemahnt werden.


Wie oft muss abgemahnt werden?

Vor Ausspruch einer Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens muss der Auszubildende in der Regel mind. zwei einschlägige Abmahnungen erhalten haben, d.h. beide Abmahnungen und die Kündigung müssen sich auf dieselbe Art von vertragswidrigem Verhalten beziehen. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam.

Es ist jedoch zu betonen, dass dies immer auf den jeweiligen Einzelfall ankommt.

Beispiel für einschlägige Abmahnungen:

  • 2 unentschuldigte Fehltage in der Berufsschule = 1. Abmahnung
  • 2 unentschuldigte Fehltage in der ÜBL = 2. Abmahnung
  • 1 unentschuldigter Fehltag im Betrieb = Kündigung

einschlägig, weil gleichartiges vertragswidriges Verhalten (unentschuldigtes Fehlen)Kündigung wirksam

Beispiel für nicht einschlägige Abmahnungen:

  • Nichtvorlage des Berichtsheftes = 1. Abmahnung
  • wiederholt verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung = 2. Abmahnung
  • unentschuldigter Fehltag im Betrieb = Kündigung

nicht einschlägig, das jeweilige vertragswidrige Verhalten ist verschiedenartigKündigung unwirksam

 

Wie lange wirkt eine Abmahnung?

Die Rechtswirkungen einer Abmahnung sind zeitlich begrenzt. Hat der Auszubildende längere Zeit unbeanstandet seine Pflichten erfüllt, kann die Abmahnung daher gegenstandslos werden.

Die Wirkungsdauer der Abmahnung ist abhängig von der Schwere des abgemahnten Vorfalles. Richtlinien, wann die Wirkungen der Abmahnung genau enden, gibt es nicht. Abmahnungen, die länger als ein Jahr zurückliegen, dürften aber in der Regel gegenstandslos geworden sein.



In welcher Form muss eine Abmahnung erteilt werden? 

Die Abmahnung ist formfrei, d.h. sie kann grundsätzlich auch mündlich erfolgen. Sie sollte jedoch aus Beweisgründen ausschließlich schriftlich erteilt werden.



Welche Bestandteile muss eine Abmahnung unbedingt enthalten?

Eine Abmahnung muss folgende drei Teile unbedingt enthalten:

1. Eine genaue Beschreibung des vertragswidrigen Verhaltens, das abgemahnt werden soll.

Erforderlich sind hierbei Angaben über Zeit (Datum, Uhrzeit), Ort und Art des Vertragsverstoßes. Die Beschreibung muss so detailliert sein, dass kein Zweifel aufkommen kann, welcher Vorgang beanstandet werden soll. Zum Beispiel: "Sie haben am 15.03. und 27.03.20.. unentschuldigt in der Berufsschule gefehlt." oder "Sie sind am 15.03 und 27.03.20.. erst um 10.30 Uhr bzw. 10.45 Uhr und damit verspätet in der überbetrieblichen Ausbildung erschienen."

Typische Fehler: Schlagwortartige Hinweise wie "Störung des Betriebsfriedens", "untragbares Verhalten" oder "Häufiges Zuspätkommen" genügen nicht. Hierzu sind vielmehr die tatsächlichen Vorfälle genau zu schildern, die diese Vorwürfe rechtfertigen.



2. Die Aufforderung an den Auszubildenden, künftig den Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag nachzukommen.

Zum Beispiel: "Wir fordern Sie hiermit nachdrücklich auf, künftig Ihren Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis beanstandungsfrei nachzukommen, insbesondere pünktlich zur überbetrieblichen Ausbildung und zum Berufsschulunterricht zu erscheinen."



3. Die Androhung weiterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen bei erneutem Vertragsverstoß

Zum Beispiel: "Sollten sich diese oder ähnliche Pflichtverletzungen wiederholen, müssen Sie mit der Kündigung Ihres Ausbildungsverhältnisses rechnen."

Typische Fehler: Die Androhung von "arbeitsrechtlichen Konsequenzen" genügt nicht, da zu ungenau. Wirksam ist die Abmahnung nur, wenn in ihr ausdrücklich die Kündigung angedroht wird. Ansonsten handelt es sich bloß um eine Ermahnung. 

Fehlt einer der drei Teile, ist die Abmahnung unwirksam, so dass auch eine Kündigung hierauf nicht gestützt werden kann!



Welche Fristen sind bei einer Abmahnung einzuhalten? 

Anders als bei der Kündigung gibt es bei der Abmahnung keine einzuhaltende Frist. Wegen der pädagogischen Wirkung und aus Beweisgründen sollte die Abmahnung jedoch in möglichst engem Zusammenhang mit dem Vorfall erfolgen, der Anlass für die Abmahnung ist.



Wann wird die Abmahnung wirksam?

Die Abmahnung wird erst mit Zugang der Abmahnungserklärung beim Auszubildenden wirksam (bzw. beim minderjährigen Auszubildenden: Zugang bei den Eltern).



Kann der Auszubildende gegen eine Abmahnung vorgehen?

Der Auszubildende kann verlangen und ggf. gerichtlich durchsetzen, dass eine zu Unrecht erfolgte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Vor einer gerichtlichen Klärung ist der Lehrlingsschiedsausschuss anzurufen.