BGH: Kein Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten mehr - Eine Entscheidung, die auch Sachverständige betrifft

Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann ein  Auftraggeber im Falle einer mangelhaften Werkleistung seinen Schaden nicht mehr alleine auf Grundlage der hypothetisch  ermittelten Mängelbeseitigungskosten ersetzt verlangen, solange er den Mangel tatsächlich nicht hat beheben lassen.  Dies bedeutet eine Abkehr von der bisherigen, jahrzehntelang praktizierten Rechtsprechung, nach der die fiktiv ermittelten  Mängelbeseitigungskosten Bemessungsgrundlage und  ausreichend für den Schadensersatzanspruch des Auftraggebers waren, ohne dass dieser jedoch den Mangel  mit dem erstrittenen Geldbetrag beseitigen musste.

 

Eine Abrechnung des Schadens allein auf Basis der durch einen Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten ist in Bau- und werkvertraglichen Angelegenheiten  mithin nicht mehr möglich. Es stellt sich daher die Frage, wie der Schaden bei einer mangelhaften Werkleistung zukünftig ermittelt wird und  ob und wie der handwerkliche Sachverständige Feststellungen zur Schadenshöhe treffen kann, wenn die Mängelbeseitigungskosten nicht mehr  als Bemessungsgrundlage herangezogen werden können.

 

Der BGH hat in seiner Entscheidung zwar verschiedene Wege aufgezeigt, wie der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers  seit dieser höchstrichterlichen Entscheidung zu bemessen ist. Aber die praktische Umsetzung dieser Vorgaben wirft viele noch ungeklärte Fragen auf, die eben auch die Arbeit der Sachverständigen betreffen.

 

In erster Linie schlägt der BGH vor, den Schaden durch Erstellung einer Vermögensbilanz zu ermitteln. Die Differenz zwischen dem Wert der geschaffenen oder bearbeiteten Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel soll hiernach den Schaden bilden. Es ist offensichtlich, dass nicht nur der handwerkliche Sachverständige hier vor erhebliche Probleme bei der Wertermittlung gestellt wird. Lässt sich der Wert für das hypothetisch mangelfreie Werk vielleicht noch ermitteln, so ist fraglich, wie der Wert für das mit dem Mangel behaftete Werk ermittelt werden soll. Einen Marktwert für ein Objekt mit diesem im konkreten Einzelfall vorliegenden Mangel dürfte es wohl kaum geben.

 

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der handwerkliche Sachverständige eine solche Wertermittlung überhaupt vornehmen darf oder ob das Gericht insoweit nicht ohnehin einen weiteren Sachverständigen beauftragen muss, was das Verfahren wiederum in die Länge und die Kosten in die Höhe treiben dürfte.

 

Auch die weiteren vom BGH vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten  sind mit erheblichen Problemen und Unsicherheiten behaftet. Bei Veräußerung der Sache in mangelhaftem Zustand soll der Schaden nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels der Sache bemessen werden können. Wie hoch der tatsächliche Mindererlös jedoch tatsächlich ist, dürfte für den Sachverständigen nur sehr schwer oder gar nicht festzustellen sein, da die Preisfindung im Einzelfall von vielfältigen Faktoren abhängig ist.

 

Ein weiterer Lösungsweg ist die Minderung des Werklohns wegen Störung des Äquivalenzverhältnisses. Soweit das Werk mangelhaft ist, soll der Unternehmer hierfür keine Vergütung erhalten. Der Minderwert des Werkes kann hierbei geschätzt werden, wobei als Maßstab aber nicht die fiktiven Mängelbeseitigungskosten herangezogen werden dürfen. Es stellt sich daher wiederum die Frage, wie der Sachverständige die entsprechenden Feststellungen treffen soll.

 

Das Urteil des BGH hat somit nicht unerhebliche Auswirkungen auch für die Begutachtung durch den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen und ist deshalb u.a. Thema auf unserer Sachverständigen-Jahrestagung am 16.11.2019. Wir freuen uns auf Ihr Kommen!