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Rudolf Wichert
Hans Peter Wollseifer

Blog von Hans Peter Wollseifer (20)

Liebe Mitgliedsbetriebe,
was ist das Rezept, womit Populisten wie Donald Trump Wahlen gewinnen? Sie vereinfachen. Sie verkaufen Politik in einfachen Worten, ohne sich mit politischen Inhalten auszukennen. Nun ist die Welt nicht nur schwarz-weiß, sondern deutlich differenzierter. Mitunter auch kompliziert. Umso mehr sind auch wir vom Mittelstand und Handwerk  gefragt, in stürmischen Zeiten Kurs zu halten. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine gute handwerkliche Ausbildung die beste Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und Radikalisierung von Menschen ist.  Gerade in Zeiten weltweiter Veränderungen wie Globalisierung und Digitalisierung, schreitet die Polarisierung der Gesellschaft voran, verunsichert viele. Welche konkreten Folgen der politische Wechsel in den USA tatsächlich für die Wirtschaft bei uns haben wird, bleibt abzuwarten.

2017 wird Wahlkampf-Jahr

Spannung versprechen auch unsere nächsten Wahlen: Im Mai wird ein neuer Landtag bestimmt und im Herbst steht die Bundestagswahl in Berlin an. Noch im Dezember stelle ich mich erneut zur Wahl des ZDH-Präsidenten. Ich möchte weiter für die Belange des Handwerks in der Politik und Gesellschaft kämpfen. Ich möchte weiter mit viel Engagement und Leidenschaft dafür sorgen, dass günstige Rahmenbedingungen für das Handwerk geschaffen werden. Dies erfordert ein beharrlich-diplomatisches Vorgehen, aber nur so lassen sich positive Veränderungen erreichen. Und wir haben viel erreicht im ablaufenden Jahr:

Pilotprojekt für Berufsabitur kommt!

Wie eingangs erwähnt, ist Bildung der Schlüssel um schwere Zeiten gut zu überstehen. Ich warne aber vor dem fatalen Trend der Über-Akademisierung. Die Uni ist nicht immer der Weg zum Erfolg, sondern für viele junge Menschen auch eine Sackgasse. Daher ist unsere duale Berufsausbildung im Handwerk eine gleichwertige Alternative. Um unser Ausbildungssystem werden wir in so vielen Ländern beneidet, weil es auch zu einer geringen Jugendarbeitslosigkeit führt. Angesichts von 18.000 unbesetzten Ausbildungsplätzen landesweit müssen wir aber verstärkt bei jungen Menschen für mehr Attraktivität im Handwerk werben. Deshalb haben wir für nächstes Jahr das Berufsabitur an Pilot-Schulen als neues Angebot im Bereich der höheren Berufsbildung durchgesetzt. Berufsabitur heißt: Auf dem Weg zum Abitur eine Gesellenprüfung machen.  Unser Modell, das Jugendliche an die Karrieremöglichkeiten im Handwerk heranführt, findet auch in der Politik ein positives Echo: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Wirtschaftsminister Garrelt Duin haben sich für das Handwerk stark gemacht und unterstützen das Berufsabitur.

 Erbschaftssteuer-Bürokratie für kleine Betriebe eingedämmt

Zufrieden bin ich mit den Neuregelungen bei der Erbschaftssteuer. Rund 95 Prozent der Handwerksbetriebe sind raus aus der Erbschaftssteuer. Das war 2016 ein hartes Stück Arbeit. Wir mussten in zahlreichen Arbeits- und Spitzengesprächen immer wieder die besondere Situation unserer kleinen und mittleren Betriebe erklären. Aber steter Tropfen höhlt den Stein: Uns ist es gelungen, die maßgebliche Arbeitnehmerzahl für die Befreiung vom Nachweis der Einhaltung der Lohnsummenregelung auf mindestens fünf Beschäftigte festzusetzen. Außerdem ist eine gestaffelte Absenkung der einzuhaltenden Lohnsummen für Unternehmen mit bis zu 15 Beschäftigten vorgesehen. Das bedeutet weniger Bürokratie für unsere Handwerksbetriebe.  

Spurfreigabe in Staufalle Leverkusener Brücke

Eine der Kernthemen im Handwerk  ist und bleibt die Infrastruktur. Gerade die wachsende Stadt Köln steht vor großen Herausforderungen: kaputte Fahrbahn-Beläge, gesperrte Brücken, Ampelausfälle - die Liste ist so lang, wie die Staus jeden Morgen auf den Straßen. Unsere Handwerksbetriebe leiden unter der maroden Infrastruktur. Ein Handwerksbetrieb verliert jede Woche im Schnitt mehr als sieben Stunden Arbeitszeit. Das kostet richtig Geld. Aktuelles Beispiel: Seit der Eröffnung der Schrankenanlage auf der A59 vor der Leverkusener Brücke bilden sich zu den Stoßzeiten endlos lange Blechlawinen. Der Verkehr wird  vor der Schranke von zwei auf eine Spur zusammengelegt. Wir forderten vor Wochen bei der Bezirksregierung, die zweite Spur in Richtung Dortmund wieder freizugegeben. Während man in der Bezirksregierung zögerte,  wandten wir uns an den Landesverkehrsminister Michael Groschek. Mit Erfolg: Probeweise soll die zweite Spur wieder geöffnet werden, was mit Sicherheit etwas Entlastung bringt. Auf den Kölner Straßen ist Stau ebenfalls Gift für die Wirtschaft. Die neue Kölner Verkehrsdezernentin Andrea Blome wird alle Hände voll zu tun haben. Wir freuen uns schon jetzt, sie im Januar kennenzulernen und ihr unsere Zusammenarbeit bei der Verbesserung der Verkehrssituation anzubieten. Die Bildung eines eigenen Verkehrsdezernats haben wir immer als notwendig angesehen. Der Kölner Autoverkehr braucht nämlich dringend eine stärkere Berücksichtigung in der Verwaltung!

Schulbau verzögert sich

Einen Investitions- und Sanierungsstau gibt es nicht nur bei unseren Verkehrswegen. Auch bei den Schulgebäuden läuft es beschwerlich. Anfang 2016 haben wir unsere Hilfe mit einem Bündnis für den Schulbau angeboten. Was ist seitdem passiert? Nichts! 15 Schulbauprojekte, die der Rat schon längst beschlossen hat, werden (wegen Personalmangel) nicht umgesetzt! Zudem hält sich in der Kölner Stadtverwaltung hartnäckig die Vorstellung, öffentlich-private-Partnerschaften - kurz ÖPP - seien das Allheilmittel gegen verschlafene Politik. Die Vergabe nach Fachlosen muss Vorrang haben; die Vergabe an Generalunternehmen die Ausnahme bleiben. Das Handwerk lehnt ÖPP-Modelle ab, weil sie regionale Betriebe nicht berücksichtigen. Zur Erinnerung: Bei ÖPP-Projekten baut ein GU nicht nur die Einrichtung, er betreibt das Schulgebäude auch die kommenden 25 Jahre. In dieser Zeit werden Reparatur- und Wartungsaufträge nicht mehr frei am Markt vergeben, sondern vom GU in Eigenregie erledigt. Das Handwerk geht leer aus. Zudem ist ÖPP wegen der Komplexität der Auftragsvergabe viel zeitaufwändiger als herkömmliche Ausschreibungsverfahren, bei denen sich auch kleine- und mittlere Unternehmen am Wettbewerb beteiligen können. 

 Trauer

Zum Jahresende ereilte mich noch die traurige Nachricht vom Tode Birgit Gordes, Mitglied des Vorstands der Handwerkskammer zu Köln seit 2008. Frau Gordes war Damenschneidermeisterin und Mitglied des Rats der Stadt Köln. Sie hat sich in vielen Ämtern engagiert, auch als stellvertretende Kreishandwerksmeisterin. Birgit Gordes starb nach langer Krankheit im Alter von 55 Jahren. Ihr  früher Tod macht mich sehr betroffen. Das Kölner Handwerk wird ihr großes Engagement für den Mittelstand vermissen. Ich wünsche ihrer Familie viel Kraft für die schwere Zeit der Trauer. Ein Todesfall führt mir oft vor Augen, wie wertvoll unsere Zeit ist. Wir hetzen Terminen hinterher, ärgern uns über andere und regen uns oftmals unnötig auf. Besinnen wir uns auf das Wesentliche: Familie, Freunde und vor allem Gesundheit.

 Ihnen wünsche ich schon jetzt eine schöne Weihnachtszeit und kommen Sie gut ins Neue Jahr. Schreiben Sie mir, welche Herausforderungen für Handwerk und Mittelstand Sie in 2017 sehen. Ich freue mich auf Ihre Post.

wollseifer-blog@hwk-koeln.de

Herzlichst
Ihr
Hans Peter Wollseifer

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