Hans Peter Wollseifer
Rudolf Wichert

Lesen Sie den aktuellen Wollseifer-Blog: hier erfahren Sie, welche Themen in der Politik vorbereitet und mit uns als einer der vier wichtigsten Wirtschaftsverbände diskutiert werden.Blog von Hans Peter Wollseifer (26)

Liebe Mitgliedsbetriebe,

fast ein halbes Jahr hat es gedauert, bis wir in Deutschland wieder eine Bundesregierung haben. Grund zum Aufatmen ist das leider noch lange nicht. Es ist zwar gut, dass wir nach dieser Hängepartie wieder eine stabile und handlungsfähige Regierung haben. Allerdings sind bei unseren Betrieben Investitions- und Personalentscheidungen zurückgehalten worden. Es gab  keine Planungssicherheit und sie wussten nicht, was an Belastungen und Neuregelungen auf sie zukommt. Jetzt wissen wir es – gut ist aber anders.



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Koalitionsvertrag enttäuscht die Wirtschaft

Um es kurz zu machen: der Koalitionsvertrag ist nicht der große Wurf, mit dem Deutschland zukunftsfest gemacht wird. Es fehlt an Mut zur Gestaltung und  zur Modernisierung vor allem in den Bereichen Steuern, Sozialabgaben, Rente und Arbeitsrecht. Stattdessen zeigen sich Union und SPD als Umverteiler ihrer Koalitionsgeschenke. Es ist schlichtweg falsch anzunehmen, dass mit der Aufstockung der Mütterrente, einem höheren Kindergeld oder zusätzlichen Pflegekräften die Zukunft Deutschlands gesichert wird. Dieser Koalitionsvertrag ist einfach zu wenig von einem marktwirtschaftlichen Geist geprägt. Das habe ich bei dem Spitzengespräch mit der Kanzlerin auf der Internationalen Handwerksmesse in München kritisiert.



Politik nutzt Spielräume nicht 

Ich befürchte - wie übrigens auch die anderen Wirtschaftsverbände - dass durch den neuen Koalitionsvertrag mehr reguliert wird. Warum wurden die Spielräume im Haushalt nicht für die Entlastung der Leistungsträger genutzt? In Zeiten hoher Steuereinnahmen hätte hier mehr drin sein müssen. So haben wir einen kompletten Soli-Abbau gefordert. Jetzt kommt dieser erst zum Jahr 2021, und dann auch nicht für alle. Was Politiker wohl nicht wissen: Für viele Handwerker entspricht der persönliche Steuersatz häufig der Unternehmenssteuer, da viele Firmen als Personengesellschaften geführt sind. Wir fordern deshalb einen Soli-Abbau für alle und nicht nur für untere und mittlere Einkommen. Eine weitere Einschränkung für unsere Betriebe ist die geplante Eindämmung  befristeter Arbeitsverträge. Das Handwerk ist sehr personalintensiv, da brauchen wir Flexibilität - vor allem, wenn die Wirtschaft mal nicht so gut läuft wie jetzt.  Auch die Rückkehr zur Parität bei den Krankenversicherungsbeiträgen ist der falsche Weg. Und sie ist in finanzieller Hinsicht nicht notwendig. Denn die paritätische Mehrbelastung der Arbeitgeber kann der Bund ausgleichen, wenn er endlich auch mal seinen Beitrag für die Versicherung von ALGII-Beziehern an die Krankenkassen abführt. Darüber werden wir noch mit den Verantwortlichen in Berlin reden müssen. 

 

Koalitionsvertrag mit Licht und Schatten

Schauen wir auf die Lichtblicke: Die Kanzlerin versicherte mir, der gesamte Sozialversicherungsbeitrag wird die rote Linie von 40 Prozent nicht übersteigen. Gut,  denn das ist auch eine Forderung von uns seit langem. Die geplante steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung findet ebenso unsere Zustimmung. Positiv sind vor allem die Vorhaben im Bereich der Bildung. Hier wird zukunftsorientiert gehandelt. Dass wir einen Berufsbildungspakt wie beim Hochschulpakt eingehen und damit die  duale Berufsausbildung stärken, ist genau unser Ansatz. An allen Schulen wird verpflichtend über die berufliche Ausbildung und ihre vielen Karrieremöglichkeiten informiert. Damit können wir mehr Jugendliche für unsere Berufe und für unsere Betriebe begeistern. Lobend möchte ich die geplante Kostenfreiheit der Meisterfortbildung über eine Ausweitung des „Aufstiegs-BAföG“ und einen bundesweit gültigen Meisterbonus erwähnen.





Meisterbrief auf EU Ebene verteidigt

Mit dem Meisterbrief steht und fällt die duale Ausbildung im Handwerk, das scheint angekommen zu sein in Berlin. Ein klares Bekenntnis zum Meisterbrief gehört also auch auf die Haben-Seite des neuen Koalitionsvertrags. Gut ist, dass sich die neue Bundesregierung auf europäischer Ebene für die Weiterführung bewährter Qualifikationsstandards einsetzen will. Die von der EU-Kommission ins Spiel gebrachte Einführung des Herkunftslandprinzips ist wohl vom Tisch. In bestimmten Gewerken sollte auch die Meisterppflicht wieder eingeführt werden. Denn wir vom Handwerk stemmen uns gegen den Qualitätsverlust durch die Handwerker, die sich so nennen, aber noch lange keine sind. Unsere Meisterbetriebe dagegen bieten eine sehr hohe Qualität – genau das erwarten Kunden. Auch die Prüfung einer EU-konformen Einführung der Meisterpflicht in einzelnen Gewerken ist im Koalitionsvertrag verankert.






Hoffnungsschimmer für Dieselfahrer

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts fordern wir die neue Bundesregierung auf, gesetzlich auf den Dieselskandal zu reagieren. Unseren Betrieben wurde geraten, Diesel- Euro5 zu kaufen. Und jetzt drohen Fahrverbote.  Meiner Meinung nach wäre eine große Nachrüstaktion sinnvoll, am besten per Gesetz: Die Autoindustrie hat den Schaden verursacht und wird dazu verpflichtet ihn wieder in Ordnung zu bringen. Das sieht auch die Bundeskanzlerin so. Die Einführung einer flächendeckenden blauen Plakette lehnt sie ab. Am besten reagiert aber unser NRW Ministerpräsident Armin Laschet mit der klaren Aussage: Keine Fahrverbote und blaue Plakette in NRW! Alles andere sei rechtswidrig. Hoffentlich hört man das auch in Köln. Hier ist der Wirtschaftsstandort in Gefahr,  sollten Fahrverbote flächenbezogen, statt streckenbezogen gelten. Wenn die Innenstadt gesperrt würde, wären Köln-Messe und Lanxess-Arena nicht mehr erreichbar. Unsere Kölner Handwerkskammer plant jetzt eigene Messungen zu Stickoxiden vorzunehmen. Aber würde die Stadt Köln endlich mal ihre Hausaufgaben machen und Baustellen, allen voran den Kalker Tunnel fertigstellen, dann wäre die Luft in dieser Stadt deutlich besser. Täglich stehen dort tausende  von Fahrzeugen im Stau. Täglich stehen auch Autos in der ganzen Stadt im Stau, weil die Ampeln nicht verkehrsbedingt geschaltet sind. Die Fehler sind alle hausgemacht, weil die Stadt jahrelang geschlafen hat. Das muss sich endlich ändern! 






Die Kölner Verwaltung soll sich wandeln

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker arbeitet weiter an dem großen Reformprozess der Kölner Stadtverwaltung. Unsere Handwerkskammer sitzt mit im Beirat und begleitet diesen Mammutprozess. Nun wurden die Fortschritte der Verwaltungsreform im ersten Transparenzbericht dokumentiert. Viel wurde bisher angestoßen, aber ob sich das auf die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zum Beispiel bei Bauprojekten sichtbar auswirkt, bleibt abzuwarten. Der Bürokratismus in unseren Behörden ist immer noch der schiere Wahnsinn. Wer für einen kleinen Auftrag in einer Kommune einen riesen Berg an Formularen ausfüllen muss, wundert sich nicht mehr über die Lähmung in unserem Land. Ja, die Vergabestelle hat ihre Vorschriften einzuhalten –  aber dann müssen die Regelungen in Bund und Land deutlich vereinfacht und ausgemistet werden, um ein zielorientiertes und kostenbewusstes Arbeiten wieder möglich zu machen. Immerhin hat das sogenannte Entfesselungspaket in NRW die nächste Hürde genommen: Das Gesetz zum Abbau unnötiger und belastender Vorschriften wurde an das Plenum zur Abstimmung überwiesen. Im ersten Schritt geht es u.a. um elektronische Gewerbeanmeldung, Tariftreue- und Vergabegesetz und Abschaffung der Hygieneampel. Der Landtag wird aller Voraussicht nach am 21. März  das Gesetzespaket verabschieden und am 2. April soll es in Kraft treten. Bitte mehr davon.

 

Der Neue in Köln und öffentliche Verwaltung ist sexy...

Köln hat jetzt wieder einen neuen Baudezernenten: Markus Greitemann.  Der 57jährige hat  davor das Gebäude- und Liegenschaftsmanagement der Universität zu Köln geleitet. An die neue Aufgabe geht er ziemlich forsch ran, wie man der Presse entnehmen durfte: „Die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung ist echt sexy. Da können Sie richtig was umsetzen...“ Die öffentliche Verwaltung ist sexy??? Nun ja. Dringender Handlungsbedarf besteht jedenfalls im Schul- und Wohnungsbau. 70.000 Wohnungen müssen gebaut und mindestens 40 Schulen saniert oder gebaut werden. Viele Projekte liegen also auf dem Tisch des  Baudezernenten, einige davon schon seit vielen Jahren. Diesen Stapel wird Greitemann nun abarbeiten müssen. Schnell und unkompliziert und bloß nicht im ÖPP-Verfahren, was alles wieder verteuert. Dringend muss etwas dafür getan werden, dass öffentliche Ausschreibungen für Handwerker wieder interessant werden. Denn die Gängelungen durch zu viel Bürokratie bei der Vergabe sind schuld, dass Arbeiten nicht oder nur schlecht ausgeführt werden. Also sexy wird das bestimmt nicht. Aber wir von der Handwerkskammer stehen gerne beratend zur Seite.






Wie sehen Sie das? Schreiben Sie mirwollseifer-blog@hwk-koeln.de

Wie immer freue ich mich von Ihnen zu hören.
Eine gute schöne Zeit

wünscht Ihnen Ihr

Hans Peter Wollseifer