Präsident Hans Peter Wollseifer und Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin im Gespräch mit Medienvertretern
Arne Schröder, Handwerkskammer zu Köln
Präsident Hans Peter Wollseifer und Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin im Gespräch mit Medienvertretern

Steigende Ausbildungszahlen, ein Zuwachs an Mitgliedsbetrieben: Das Handwerk in der Region Köln-Bonn stemmt sich in den konjunkturellen Gegenwind. "Unsere Mitgliedsbetriebe haben verstanden, dass Corona irgendwann vorbei ist, nicht aber der Fachkräftemangel", sagt Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin mit Blick auf das wachsende Ausbildungsengagement der Mitgliedsbetriebe. Kleine und lokale Handwerksunternehmen sind "ein wichtiger Wachstumsmotor für Deutschland", erklärt Präsident Hans Peter Wollseifer und betont die Potenziale von Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Das regionale Handwerk wächst auch in der Krise und bietet hervorragende Karrierechancen

Nachdem die Ausbildungszahlen 2020 kurz nachließen, investieren die Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn jetzt wieder verstärkt in die duale Berufsausbildung: Insgesamt 4.720 Ausbildungsverträge haben die Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammer zu Köln 2021 neu abgeschlossen (2020: 4.509 Ausbildungsverträge). Das entspricht einem Zuwachs von insgesamt 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders beliebte Ausbildungsberufe sind Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Kfz-Mechatroniker/-in, Elektroniker/-in, Dachdecker/-in, Maler und Lackierer/-in, Friseur/-in und Tischler/-in. Insbesondere in Leverkusen (2021: + 21,2 Prozent), im Rhein-Erft-Kreis (2021: + 16,5 Prozent) sowie im Rhein-Sieg-Kreis (2021: + 8,9 Prozent) verzeichnet die Lehrlingsrolle eine Steigerung neu abgeschlossener Ausbildungsverträge.

Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln: "Das sind erfreuliche, zukunftsweisende Zahlen, denn auch bei denjenigen Handwerksbetrieben, die zum ersten Mal ausbilden, konnten wir einen deutlichen Zuwachs verbuchen. Unsere Mitgliedsbetriebe haben verstanden, dass Corona irgendwann vorbei ist, nicht aber der Fachkräftemangel. Deswegen ist die Investition in Ausbildung enorm wichtig. In einigen Gewerken steigen die Zahlen sogar überproportional. Was wir jetzt noch mehr als bisher einfordern müssen, ist die Bedeutung der dualen Ausbildung und die Notwendigkeit der Unterstützung auf politischer Ebene."

Die vom Handwerk lange geforderte und jetzt vom Land Nordrhein-Westfalen angekündigte Drittelfinanzierung der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) ist hier ein wichtiger erster Schritt, der die ausbildenden Betriebe, die bislang den Löwenanteil der damit verbundenen finanziellen Mittel getragen haben, im laufenden Geschäftsjahr spürbar entlasten wird. In die betriebliche Ausbildung zu investieren, wird für die Unternehmen somit wieder attraktiver. Jetzt kommt es aus Sicht des Handwerks darauf an, diese Drittelung auf politischer Ebene festzuschreiben.

Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln, betont: "Der immense Praxisbezug, die konkrete Anwendbarkeit des während der Ausbildung Erlernten, der sichere Arbeitsplatz, die familiären Betriebsstrukturen sowie die schnellen Aufstiegs- und Karrierechancen sind nur einige der vielen Vorteile, die das Handwerk mit sich bringt. Das verstehen immer mehr junge Menschen und deren Eltern in der wichtigen Phase der beruflichen Orientierung. Dennoch entspricht das in der Gesellschaft vorherrschende Bild des Handwerks bedauerlicherweise immer noch nicht dem modernen, innovativen, kreativen, facettenreichen und zukunftsfähigen Wirtschaftssektor, der wir eigentlich sind. Das Handwerk – mit seinen meist kleinen, lokalen Handwerksbetrieben – ist ein wichtiger Motor für Wachstum und Wohlstand in Deutschland."

Das regionale Handwerk legt zu: Mehr Ausbildung, mehr Mitgliedsbetriebe

So stieg 2021 die Zahl bei der Kölner Kammer eingetragener Unternehmen, trotz Pandemie, Flut und Hochwasser, um 422 auf insgesamt 34.577 Mitgliedsbetriebe. Zwar ist die Zahl zulassungspflichtiger Handwerke dabei insgesamt um 115 Mitgliedsbetriebe zurück gegangen (Anlage A der HwO), jedoch verzeichnet die Handwerksrolle gleichzeitig einen Zuwachs um 425 Mitgliedsbetriebe im Bereich der zulassungsfreien Handwerke (Anlage B1 der HwO). Auch die handwerksähnlichen Gewerbe konnten um 112 Betriebe zulegen (Anlage B2 der HwO).

Insgesamt gab es 2021 bei den zulassungspflichtigen Handwerken vor allem im Elektrohandwerk Zuwächse, mit einem Plus von 34 Unternehmen, und im Bereich der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, mit einem Zuwachs von 20 Betrieben. Im Vergleich zum Vorjahr haben ebenfalls das Dachdecker- (2021: + 15 Betriebe) und Straßenbauer-Handwerk (2021: + 16 Betriebe) zugelegt. Eine spürbare Veränderung gab es auch im Zweiradmechaniker-Handwerk: 2021 ließen sich hier 10 weitere Betriebe eintragen (2020: + 5 Betriebe, 2019: - 4 Betriebe). Diese positive Entwicklung ist einer allgemeinen Belebung der Fahrradbranche durch Veränderungen im Mobilitätssektor zuzuschreiben.

Hans Peter Wollseifer: "In keinem anderen Wirtschaftsbereich ist es möglich, in kurzer Zeit so viel zu erreichen, wie im Handwerk. Besonders talentierte Handwerkerinnen und Handwerker streben nach der Gesellenprüfung ihren Meistertitel an. In kürzester Zeit schaffen sie somit die Basis für eine erfolgreiche Zukunft - für sich, für ihre Mitarbeitenden, für ihre Kundschaft. Wer motiviert ist und seine eigene Chefin oder sein eigener Chef werden will, findet im Handwerk die besten Voraussetzungen. Gerade die klimarelevanten Berufe sorgen hierbei für ausgezeichnete Karriere- und Entwicklungsperspektiven: Denn wer setzt die Fotovoltaik-Anlage aufs Dach? Wer repariert das Elektrofahrzeug? Das Handwerk ist schon jetzt entscheidender Akteur, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit umzusetzen und den Klimaschutz maßgeblich voranzubringen."



Viel Bewegung in der Betriebsstatistik zeigt sich zudem bei den zulassungsfreien Handwerken (Anlage B1 der HwO): Hier gab es 2021 insgesamt 1.325 Zugänge, die unter anderem auf Eintragungen von Gebäudereinigern (2021: + 226 Betriebe) und Fotografen (2021: + 106 Betriebe) zurückzuführen sind. Besonderes Augenmerk lag 2021 auf dem Kosmetiker-Handwerk: Durch das fünfte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlichen Vorschriften vom 05.06.2021 ist dieses Gewerk von einem handwerksähnlichen Gewerbe zu einem zulassungsfreien Handwerk geworden. Dennoch fällt hier der Zuwachs an Betrieben im Vergleich zu den Corona-Vorjahren 2020 (+ 148) und 2019 (+ 149) mit 25 Unternehmen (2021) vergleichsweise moderat aus, obwohl es in den Vorjahren durch den Lockdown zeitweise sogar stärkere wirtschaftliche Einschränkungen hinnehmen musste.