Der gesetzliche Mindestlohn und die Auswirkungen im Handwerk

Am 11.07.14 hatte der Bundesrat dem "Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie", zugestimmt, zu dessen Kernregelungen auch der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR gehört. Ab dem 1. Januar 2015 ist von allen Arbeitgebern in Deutschland ein branchenübergreifender Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR je Zeitstunde zu beachten.

Die neuen Regelungen zum Mindestlohn finden sich im sog. Mindestlohngesetz (MiLoG) und enthalten zusammengefasst die folgenden wichtigsten Punkte:

Der Mindestlohn gilt grds. für alle in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Er gilt damit auch für alle in Deutschland beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob sie bei einem in- oder ausländischen Unternehmen beschäftigt sind.

Der Mindestlohn findet allerdings keine Anwendung auf:

  • Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung; Auszubildende (ohne Altersgrenze, sofern sie in einem Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz stehen);
  • Behinderte (in Einrichtungen nach dem SGB IX);
  • Ehrenamtlich Tätige;
  • Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren oder ein Berufsorientierungspraktikum von maximal 3 Monaten für die Wahl einer Ausbildung oder Studium machen und
  • Langzeitarbeitslose und bei Beschäftigten, die zuvor über ein Jahr arbeitslos waren; hier kann der Arbeitgeber in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung vom Mindestlohn abweichen.

Die Fälle in der Praxis:

Beschäftigte, die bislang einen Stundenlohn von unter 8,50 EUR erhalten, sind ab Januar 2015 entsprechend dem neuen gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.

Praktisch grundsätzlich unproblematisch sind die Auswirkungen der Einführung des Mindestlohns auf Arbeitsverhältnisse, in denen bisher bereits ohne tarifliche Vorgaben Löhne über 8,50 EUR/Std. bezahlt werden

Etwas komplizierter stellt es sich jedoch für die Unternehmen dar, für die bereits verbindliche Lohnuntergrenzen durch allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten, diese jedoch unter dem Wert des ab 01.101.2015 geltenden Mindestlohn liegen.

Für diese Fälle hat der Gesetzgeber nach Forderungen des Handwerks nach einem generellen Vorrang repräsentativer bzw. allgemeinverbindlicher tarifvertraglicher Regelungen gegenüber dem gesetzlichen Mindestlohn folgende Übergangsregelungen vorgesehen: In einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2016 sind für solche Branchen tarifvertragliche Abweichungen vom Mindestlohn auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes möglich. Von dieser Option werden im Handwerk voraussichtlich das Friseur-, Bäcker- und Textilreinigungshandwerk Gebrauch machen.

Erstmals bis zum 30.06.2016 wird eine sog. Mindestlohn-Kommission (bestehend aus einem Vorsitzenden, zwei beratenden Mitglieder und je drei von den Spitzenverbänden der Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer vorgeschlagenen Mitgliedern) über eine etwaige Anpassung der Höhe des Mindestlohnes mit Wirkung zum 01.01.2017 beschließen. Danach sind mögliche Anpassungen des Mindestlohnes in einem zweijährigen Rhythmus vorgesehen. Das Handwerk erhofft sich durch diesen Prüfrhythmus, etwaigen arbeitsmarktpolitischen Fehlentwicklungen frühzeitig entgegenzusteuern zu können.

Mindestlohn bei Minijobs: Beachten Sie die Verdienstgrenze!

Auf Grund der ab 2015 vermehrt stattfindenden (Betriebs-)Prüfungen sollten alle Unternehmen -unabhängig davon, ob der jeweilige Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch geltend macht- insbesondere auch die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Minijobs) überprüfen; denn hier droht bei Unterbezahlung ein rückwirkender Eintritt von Versicherungs- und Beitragslast. Gehen Arbeitgeber bei der Beurteilung der Geringfügigkeitsgrenze von einem Entgelt unterhalb des Mindestlohnniveaus aus, so tritt rückwirkend Sozialversicherungspflicht ein, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass bei zugrunde gelegtem Stundenlohn von 8,50 EUR die Geringfügigkeitsgrenze von 450 EUR überschritten wurde. Hierbei kommt es dabei nicht darauf an, ob der Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig oder in gutem Glauben gehandelt hat. Bei Beanstandung durch die prüfende Rentenversicherung können solche Fälle ggfs. zu wesentlichen Beitragsnachforderungen mit Säumniszuschlägen führen. Derzeit ist davon auszugehen, dass diese Fälle rückwirkender Sozialversicherungspflicht von vermeintlichen Minijobs nicht unentdeckt bleiben, da die Arbeitgeber bei der Übermittlung von Meldungen zur Sozialversicherung (bei Minijobs ist dies die Bundesknappschaft) nicht nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt, sondern auch die dem Entgelt zugrundeliegenden Arbeitsstunden angeben müssen.

Kann die Verdienstgrenze von 450 EUR betriebsbedingt nicht eingehalten werden, so kann geprüft werden, ob man den (ursprünglichen) Minijobber als sog. Midijobber im Gleitzonenbereich mit einem regelmäßigen Verdienst zwischen 450,01 EUR und 850 EUR beschäftigen kann. Eine Vergleichsberechnung könnte sich durchaus in vielen Fällen lohnen.

Tom Zygmann / zygtografie

Sabine Schönewald

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