Ratgeber Ausbildungsrecht (Neuerungen ab dem 01.01.2020)Freistellung

Ab dem 01.01.2020 wird der Freistellungsanspruch von Auszubildenden gestärkt. Volljährige und minderjährige Auszubildende werden nun von Gesetzes wegen im Hinblick auf die Freistellung von der betrieblichen Ausbildung gleich behandelt.

Berufsschulunterricht und überbetriebliche Ausbildung sind verbindlicher Bestandteil einer Berufsausbildung im Handwerk. Der Ausbildungsbetrieb muss den Auszubildenden daher gemäߧ 15 BBiG zum Besuch der Berufsschule und der vorgeschriebenen Kurse der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBL) sowie für die Prüfungen freistellen.

Die folgenden Freistellungsansprüche gelten ab dem 01.01.2020 für alle Auszubildende altersunabhängig:

  • Vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht dürfen Azubis nicht beschäftigt werden.
  • Auszubildende sind für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen.
  • Auszubildende sind an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche, von der Berufsausbildung im Betrieb freizustellen.
  • Auszubildende sind in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen von der Berufsausbildung im Betrieb freizustellen. Zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen bis zu zwei Stunden wöchentlich sind zulässig.
  • Auszubildende sind für die Teilnahme an Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher oder vertraglicher Bestimmungen außerhalb der Ausbildungsstätte durchzuführen sind freizustellen.
  • Auszubildende sind an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht freizustellen.

Haben die Vertragspartner trotz fehlender gesetzlicher Berufsschulpflicht den Besuch der Berufsschule vertraglich vereinbart, ist der Auszubildende ebenfalls freizustellen.

Freistellen heißt, dass der Ausbildungsbetrieb dem Auszubildenden die Teilnahme an diesen Maßnahmen ermöglichen muss und ihn während dieser Zeit nicht beschäftigen darf.

Für die Zeit der Freistellung ist die Vergütung gem.§ 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG fortzuzahlen.

Wer den Auszubildenden nicht gemäߧ 15 BBiG freistellt, handelt gemäߧ 101 Abs. 1 Nr. 4 BBiG ordnungswidrig; bei minderjährigen Auszubildenden kann gemäߧ 58 Abs. 6 JArbSchG sogar ein Straftatbestand vorliegen.

Wird der Auszubildende nicht zur überbetrieblichen Ausbildung freigestellt, können dem Ausbildungsbetrieb die Bruttokosten für den jeweiligen Lehrgang in Rechnung gestellt werden (VG Köln, Urteil vom 27.02.1997 - 1 K 3204/94).

Die Nichtfreistellung kann außerdem im Wiederholungsfall zur Untersagung des Einstellens und Ausbildens durch die nach Landerecht zuständige Stelle -in der Regel die Kammer-  führen (§ 24 HwO).



Weitere Freistellungsvorschriften

Freigestellt werden müssen unter Fortzahlung der Vergütung außerdem:

  • Schwangere für die vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen
  • Jugendliche für die gemäß § 33 JArbSchG vorgeschriebene Nachuntersuchung
  • Angehörige des THW für Übungen und Einsätze
  • Angehörige der freiwilligen Feuerwehr für Übungen und Einsätze.

Bei der Freistellung für THW und freiwillige Feuerwehr kann der Betrieb die fortgezahlte Vergütung von THW oder der Kommune auf Antrag rückerstattet bekommen.



Freistellung für Stellensuche

Der § 629 BGB gibt dem Azubi einen Anspruch auf Freistellung für Bewerbungen bei anderen Betrieben. Dieser Freistellungsanspruch besteht nur in den letzten 4 Wochen vor vertraglichem Ausbildungsende. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber dem Azubi ein Übernahmeangebot gemacht hat. Der Azubi muss dir Freistellung so rechtzeitig beim Arbeitgeber verlangen, dass dieser sich darauf einstellen kann. Der Azubi muss hierbei die voraussichtliche Dauer angeben, ist jedoch nicht verpflichtet, den Namen des Arbeitgebers zu nennen, bei dem er sich bewirbt.



Ein Freistellungsanspruch besteht nicht nur für Vorstellungsgespräche, sondern auch für Eignungsuntersuchungen oder das Aufsuchen der Agentur für Arbeit. Eine Genehmigung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich.



Soweit dies nicht anderweitig ausgeschlossen wurde, muss der Arbeitgeber die Vergütung fortzahlen.