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Handwerkskammer zu Köln/picture alliance/Henning Kaiser

Viele Friseurbetriebe stehen angesichts des verschärften Lockdowns vor dem Aus. Das Handwerk hat die Landtagsabgeordneten Oliver Kehrl (CDU) und Jochen Ott (SPD) sowie das Kölner Ratsmitglied Derya Karadag (Bündnis90/Die Grünen) mit handwerklichen Fehlern der Politik beim finanziellen Unterstützungspaket konfrontiert. Hans Peter Wollseifer appelliert eindringlich an die politischen Entscheider, Unternehmen, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu retten.Friseure & Wollseifer waschen Politik den Kopf

"Ich könnte platzen!" Die Kölner Friseurmeisterin Ute Hützen möchte nicht länger ungehört bleiben und ist deshalb der Einladung der Handwerkskammer zu Köln gefolgt, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Ihr Familienbetrieb feierte im vergangenen Jahr 45-jähriges Jubiläum und steht nun am Abgrund: "Das was gerade passiert, ist eine Katastrophe. Ich bezweifle, dass irgendjemand vier Monate lang ein Berufsverbot hinnimmt, ohne in irgendeiner Weise unterstützt zu werden. Mein Konto war, bevor wir zumachen mussten, für einen kleinen Betrieb sehr gut gedeckt. Die Hälfte davon ist jetzt schon weg. Ich schaffe das noch einen Monat. Danach ist Schluss."

Ihre Kollegin Pia Köhler, die ebenfalls einen eigenen Salon betreibt, ergänzte: "Im ersten Lockdown haben wir auf die Soforthilfe gebaut. Das hat uns ein gutes Gefühl gegeben. Als es dann nach dem Lockdown hieß, die Soforthilfe müsse im vollen Umfang zurückgezahlt werden, ist für uns eine Welt zusammengebrochen. Erschwerend kommt hinzu, dass wir durch die Hygienemaßnahmen nicht mehr so arbeiten können wie vorher: Die Bedienungsplätze mussten halbiert werden. Dementsprechend können wir die Umsätze aus den Vormonaten nicht mehr erwirtschaften."

Eine aussichtslose Situation, die für viele Friseurbetriebe im Bezirk der Handwerkskammer zu Köln eingetreten ist, wie Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln, erklärt: "3.495 Friseurbetriebe gibt es im Kammerbezirk, allein 1.287 davon in Köln. Viele davon sind zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Auszubildenden in der Existenz bedroht. Mittlerweile sind in vielen Unternehmen sämtliche Rücklagen aufgebraucht, bis hin zur Altersversorgung. Das ist fatal. Dazu kommt die enorme Belastung des drohenden Wegfalls von Arbeits- und Ausbildungsplätzen", so Wollseifer.

Bei einem - coronakonformen - Ortstermin im Schulungszentrum der Kölner Friseurinnung konfrontierte Wollseifer die beiden Landtagsabgeordneten Oliver Kehrl (CDU) und Jochen Ott (SPD) sowie das Kölner Ratsmitglied Derya Karadag (Wirtschaftsexpertin Bündnis90/Die Grünen) mit den Fehlentscheidungen der Politik: "Bereits vor Monaten hat das Handwerk eine Corona-Ampel vorgeschlagen. Aber bislang gibt es keine Strategie. Sie wird jetzt erst langsam in einer Arbeitsgruppe von Bund und Land erarbeitet. Das muss sich sofort ändern. Die Betriebe müssen wissen, wie es weiter geht!"

Vorschläge die der Zentralverband des Deutschen Handwerks, dessen Präsident Wollseifer ebenfalls ist, der Politik unterbreitet hatte, blieben seit Monaten unbeachtet. So hatte das Handwerk beispielsweise dem Finanzministerium vorgeschlagen, dass der Verlustrücktrag nicht auf ein, sondern auf drei Jahre zurücktragen werden könnte. Das hätte unmittelbare Effekte auf die Liquidität vieler Betriebe. Hinzu komme auch, dass erst auf Landesebene die nötige Infrastruktur erarbeitet werden müsse, obwohl die Finanzämter bereits über alle nötigen Daten der Unternehmen verfügen: "Jetzt laufen wir der Zeit hinterher und müssen beklagen, dass die Hilfsgelder nicht bei den Betrieben ankommen", so Wollseifer.



Daher mahnte Wollseifer gemeinsam mit Harald Esser, als Präsident des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks für mehr als 80.000 Friseurbetriebe in Deutschland zuständig, und Mike Engels, Obermeister der Kölner Friseurinnung, zügige Korrekturen auf politischer Ebene an, um die in ihrer Existenz bedrohten Handwerksbetriebe und die damit verbundenen Arbeits- und Ausbildungsplätze zu retten.