Luftreinhaltung in Köln ist Flickwerk

Luftreinhaltung in Köln ist Flickwerk: Handwerkskammer fordert ein integriertes Handlungskonzept

Mit dem Inkrafttreten der 35. Bundesimmissionsschutzverordnung, der sogenannten Kennzeichnungsverordnung im Jahre 2006, wurde die Europäische Luftqualitätsrichtlinie in deutsches Recht überführt. Die Kennzeichnungsverordnung stellt die Rechtsgrundlage für die Einführung von Umweltplaketten und Umweltzonen dar. Als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen richtete die Stadt Köln am 1. Januar 2008 die Umweltzone ein. Zwei Jahre später folgte die Bonner Umweltzone. Beide Kommunen waren gezwungen, aufgrund der Überschreitungen der NO2-Grenzwerte Luftreinhaltepläne aufzustellen, in denen Maßnahmen zur Senkung der Stickoxidkonzentrationen inhaltlich und zeitlich manifestiert wurden. Im Fokus standen und stehen dabei bis heute immer Maßnahmen beim lokalen Verkehr. Knapp sechs Jahre nach Einführung der Umweltzonen mit verkehrsbeschränkenden Maßnahmen zeigt sich, dass die seinerzeit seitens des Landesamtes für Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz NRW erstellte Prognose, mit der Einführung der roten, gelben und grünen Umweltplaketten eine NO2-Minderung im erforderlichen Umfang zu erreichen, falsch war. Die NO2-Konzentrationen liegen zum Beispiel am Clevischen Ring in Köln mit 61 μg/cbm immer noch weit über dem Grenzwert und nur unwesentlich unter dem Wert vor Einführung der Umweltzone. Schon frühzeitig hatte die Handwerkskammer zu Köln darauf hingewiesen, dass es durch die Einführung von Umweltzonen mit verkehrsbeschränkenden Maßnahmen im Bereich der Stickoxide nicht die erwünschte Verbesserung geben werde. Die Zusammenhänge zwischen der Plakettenzuordnung und den tatsächlich emittierten Stickoxide der Fahrzeuge waren nicht gegeben. Zudem wurden durch die Nachrüstung der Dieselfahrzeuge mit Partikelfiltern deren Stickoxidemissionen teilweise sogar erhöht. Erst teure Filter der neuesten Generation absorbieren auch Stickoxide.

Wegen der anhaltenden Überschreitung der Grenzwerte in vielen deutschen Kommunen hat die EU gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, in dessen Folge es bei weiteren Verletzungen der Grenzwerte zu drastischen Strafen in Millionenhöhe kommen kann. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden hohen Strafzahlungen bei weiterer Verletzung der Grenzwerte befürchtet die Handwerkskammer drastische verkehrsbeschränkende Maßnahmen für Dieselfahrzeuge. "Von einem Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in den Umweltzonen wären unsere Hand-werksbetriebe besonders betroffen. Sie haben zum weit überwiegenden Teil dieselbetriebene Nutzfahrzeuge in ihrem Fuhrpark und fahren zum Kunden bzw. zur Baustelle. Wenn jetzt grünplakettierte Dieselfahrzeuge nach Euro 4 und Euro 5 ausgesperrt werden, wäre das für unsere Betriebe fatal. Viele haben im Zuge der Verschärfung der Umweltzonen nicht nur Fahrzeuge mit teuren Partikelfiltern nachgerüstet, sondern im Zeitraum von 2008 bis heute neue Nutzfahrzeuge mit grünen Plaketten angeschafft. Erst in letzter Zeit sind jedoch die stickoxidfreundlicheren Nutzfahrzeuge Euro 6 verfügbar", betont Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln.

Es gibt aus Sicht der Handwerkskammer andere Möglichkeiten im Straßenverkehr, die zu einer Schadstoffminderung führen. "Verkehr muss fließen. Zähfließender und stauender Verkehr belastet nicht nur die Autofahrer, sondern auch die Umwelt. Wir brauchen in Köln endlich einen neuen Verkehrsrechner, an den alle knapp 900 Kölner Ampeln angeschlossen werden können. Es ist völlig unverständlich, dass in Köln städtische Mitarbeiter manuell Verkehrszählungen machen müssen, während andere deutsche Großstädte, wie zum Beispiel Hamburg, sich die Möglichkeiten der digitalen Technik bereits seit Jahren zunutze machen", kritisiert Weltrich. Die Handwerkskammer sieht auch in einer besseren Vernetzung der Verkehrsträger noch Potenzial zur Verkehrsverflüssigung. "Mobil im Rheinland" bildet nach Ansicht der Handwerkskammer dafür eine gute Plattform. Dafür müsse diese aber noch mit mobilen Navigationssystemen verknüpft werden. Zudem appelliert die Kammer seit längerem schon an die Stadt, sich der Unsitte des Parkens in zweiter Reihe durch konsequente Ahndung anzunehmen. Diese Forderungen sind auch Bestandteile des Aktionsprogramms Verkehr, das die Handwerkskammer zu Köln im neuen Jahr mit der Stadt Köln schnell auf den Weg bringen möchte.

Es ist jedoch nicht nur der Straßenverkehr, der die Luftqualität nachteilig beeinflusst. Der Schiffsverkehr, die Industrie und der Hausbrand tragen ebenso zur Luftverschmutzung bei. Es müssten seitens der Stadt ein Förderprogramm "Energetische Sanierung" aufgelegt und eine zentrale Beratungsstelle (wie das angedachte "Zentrum für Energieeffizienz") eingerichtet werden.