Konjunktur im Handwerk: Herbstumfrage 2022
Arne Schröder, Handwerkskammer zu Köln

Konjunkturumfrage & Sonderumfrage "Autofreie Deutzer Freiheit"Regionales Handwerk mit pessimistischen Erwartungen

Der Geschäftsklimaindex, der die aktuelle Geschäftslage und die zukünftigen Geschäftserwartungen der regionalen Handwerksunternehmen beschreibt, musste über alle Gewerke hinweg deutliche Einbuße hinnehmen: Im Vergleich zum Frühjahr 2022 sank er um 17 Punkte auf einen Indexwert von insgesamt 103 Punkten. Dies zeigt die aktuelle repräsentative Konjunkturumfrage der Handwerkskammer zu Köln, die sie von Mitte September bis Anfang Oktober unter rund 800 Mitgliedsbetrieben durchgeführte. Dabei zeigt sich die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage robust und liegt weiterhin auf dem Niveau der Frühjahresumfrage: Nahezu jeder zweite Betrieb (49 Prozent) beurteilte die aktuelle Geschäftslage als gut, rund ein Drittel (37 Prozent) als befriedigend und jeder 7. Betrieb (14 Prozent) als schlecht.

"Die robuste Lage ist auf eine stabile Entwicklung in den Bereichen Umsatz, Auftragsbestand und Beschäftigungsniveau der letzten 6 Monaten zurückzuführen, getragen von einem starken Bauhaupt- und Ausbaugewerbe", erklärt Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Kölner Kammer, und ergänzt: "Einzig im Lebensmittelgewerbe lag der Anteil negativer Beurteilungen über dem der positiven Rückmeldungen."

Trotz der insgesamt positiven Geschäftslage wurde auch das Handwerk von den hohen Energie- und Materialpreise hart getroffen. Auf die Vielseitigkeit der Herausforderungen weist Duin nochmal gesondert hin: "Einige Branchen – wie die Bäcker oder Textilreiniger – sind von gestiegenen Energiekosten natürlich besonders betroffen. Aber auch weniger energieintensive Betriebe leiden unter der aktuellen Situation und stehen durch Kunden-Zurückhaltung, Materialengpässe und Auftragsstornierungen stark unter Druck." Ein Großteil der Betriebe (76 Prozent) sah sich gezwungen, ihre Verkaufspreise zu erhöhen, jedoch ist dies nicht jedem Betrieb gelungen.

Die Auftragsreichweite der Betriebe legte im Vergleich zum Herbst 2021 von durchschnittlich 7,3 auf 8,1 Wochen zu. Getragen wurde dies insbesondere durch die Betriebe des Bauhauptgewerbes, des Ausbaugewerbes sowie des Gewerblichen Bedarfs. "Neben einer soliden Auftragslage deutet die gestiegene Auftragsreichweite zunehmend auf die Herausforderungen der Betriebe hin, die Aufträge im Angesicht von Materialknappheit und fehlenden Fachkräften direkt bearbeiten zu können", so Duin. Laut aktueller Konjunkturumfrage sind pro Betrieb durchschnittlich 2,2 Stellen unbesetzt, angeführt von den Betrieben des Gewerblichen Bedarfs (5,1), dem Lebensmittelgewerbe (2,9) und dem Bauhauptgewerbe (2,0).

Regionales Handwerk erwartet Verschlechterung der Geschäftslage

Neben hohen Energiekosten sind die Betriebe weiterhin mit Störungen in den Lieferketten, Materialmangel, Personalknappheit und einer inflationsgetriebenen Kaufzurückhaltung der Kundschaft konfrontiert. Die Kumulation der vielseitigen Herausforderungen trübt den Blick in die Zukunft spürbar ein und lässt das Saldo der Geschäftserwartung auf ein Zehn-Jahres-Tief von -23 Punkten fallen: 38 Prozent der Betriebe erwarten mit Blick auf die kommenden sechs Monate eine verschlechterte Geschäftslage, lediglich 15 Prozent eine Verbesserung. "Ausschlaggebend für den deutlichen Rückgang des Geschäftsklimas sind die Vielzahl der Belastungen und die große Unsicherheit der Betriebe, was sich negativ auf die Erwartungen quer durch alle Branchen niederschlägt", erklärt Duin. So rechnet ein Großteil der Betriebe mit stagnierenden (39 Prozent) oder sinkenden (38 Prozent) Umsätzen sowie einer Stagnation (39 Prozent) und einem Rückgang (41 Prozent) des Auftragseinganges. Mit Blick auf die Preisdynamik bei Energie, Material und Personalkosten signalisiert ein Großteil (72 Prozent) der Betriebe steigende Verkaufspreise.

Trotz der düsteren Aussichten zeigt sich die Beschäftigungssituation in den Betrieben erfreulicherweise robust:  Ein Großteil der Betriebe (69 Prozent) plant die Beschäftigtenzahl in den kommenden Monaten konstant zu halten, weitere 15 Prozent gaben steigende und 16 Prozent sinkende Beschäftigungsabsichten an. Personell zulegen wollen neben den Informationstechniker insbesondere die SHK-Betriebe sowie Elektrotechniker, denen im Zuge der aktuellen Energiekrise eine tragende Rolle beim Energiesparen und der Energieeffizienz zukommt. "Über die einzelnen Branchen hinweg zeigt sich die Beschäftigungssituation im Handwerk als krisenfest und demonstriert damit, dass wir uns als Branche unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst sind", fasst Duin die Beschäftigtensituation zusammen. 

Handwerk appelliert an Stadt Köln, Verkehrsversuch "Autofreie Deutzer Freiheit" zu beenden

Neben dem Konjunkturbericht stellt die Handwerkskammer zudem die Ergebnisse einer Sonderumfrage von Handwerksbetrieben an der Deutzer Freiheit vor, die die Handwerkskammer von Mitte bis Ende Oktober 2022 durchgeführt hat. Neun von zehn befragten Betrieben bewerten den Verkehrsversuch dabei als negativ, lediglich ein Betrieb beurteilt die Maßnahme als positiv. Acht von zehn Betrieben berichten von einem Rückgang der Kundenanzahl und damit einhergehend von einem Umsatzrückgang. Zwei Betriebe berichten jedoch von Umsatzzuwächsen.

Viele der Handwerksbetriebe auf der Deutzer Freiheit, darunter Unternehmen im Optiker-, Friseur- und Kosmetik-Handwerk, haben einen Kundenstamm mit teils älteren Personen, die weniger mobil sind und diese Betriebe durch die entstandenen Verkehrseinschränkungen nur schwer erreichen können. Die aktuell vorgesehenen Lieferzeiten bis 11 Uhr berücksichtigen nicht die Bedürfnisse der Betriebe, so dass sich Wartezeiten auf Material erhöhen. Die Betriebe sind teilweise gezwungen, sich Waren zur eigenen Privatadresse schicken zu lassen. Zudem berichten sie, dass fehlende Stellplätze für Lieferverkehr ein weiteres Problem darstellen, denn durch die gegenwärtige zeitliche Begrenzung sind die verfügbaren Stellplätze oft bereits belegt.

"Die Handwerksbetriebe in der Deutzer Freiheit bemängeln, dass sie im Vorfeld nicht explizit in das Vorhaben einbezogen wurden. Es gab zwar zuvor eine Informationsveranstaltung, jedoch haben viele unserer Unternehmerinnen und Unternehmer davon nur zufällig erfahren, weil sie privat Anwohner in Deutz sind", erklärt Garrelt Duin die Umfrageergebnisse und ergänzt: "So kann eine dermaßen gravierende Umgestaltung nicht angegangen werden. Die Informationspolitik der Stadt Köln muss sich an dieser Stelle schnell und konsequent ändern – und das örtliche Handwerk mit ins Boot holen, um die Versorgung der Kölner Bürgerinnen und Bürger mit handwerklichen Dienstleistungen und Waren weiterhin sicherzustellen."

Die Umfrageergebnisse bilden die Wunschlösung der betroffenen Handwerksbetriebe in der Deutzer Freiheit eindeutig ab: Sieben von zehn Unternehmen wünschen sich eine Rückkehr zum ursprünglichen Zustand, inklusive der Wiederherstellung der Parkplätze. Für die Verkehrsberuhigung von Nebenstraßen, bei der die Einkaufsstraße befahrbar bliebe, spricht sich lediglich ein Unternehmen aus; für eine verkehrsberuhigte Zone, in der alle Verkehrsteilnehmenden 20 km/h schnell fahren dürfen, ebenfalls nur ein Unternehmen. Auch für die Option, mehr Ladezonen mit unbegrenzter zeitlicher Nutzung sowie Parkausweise für Gewerbetreibende einzurichten, spricht sich ein Unternehmen aus. "Damit ist der Versuch in unseren Augen gescheitert. Wir sprechen uns gegen einen generellen Parkplatzabbau und undurchdachte Konzepte autofreier Zonen aus, wirken aber gerne bei der Erarbeitung einer Lösung mit, die die nutzerspezifischen Belange des Handwerks berücksichtigt", appelliert Duin.