Stabiler Konjunkturtrend im Handwerk

89 Prozent der Unternehmen in der Region Köln-Bonn stufen die aktuelle Wirtschaftslage als gut oder befriedigend ein

Dennoch weist die Handwerkskammer auf Wachstumsrisiken hin: Rückgang bei den Genehmigungen für Wohnungsneubau, zu wenig Dynamik bei Sanierungsinvestitionen

Weltrich kritisiert die Welle drastischer Steuererhöhungen bei der Grundsteuer B

Der Großteil der Handwerksbranchen in der Region Köln-Bonn war mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2014 sehr zufrieden. Und dieser Trend setzt sich in diesem Jahr fort: 43 Prozent der von der Handwerkskammer in den vergangenen Wochen befragten Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut, das ist keine Veränderung gegenüber dem Frühjahr 2014. Der Anteil der Betriebe mit schlechter Geschäftslage ist innerhalb eines Jahres nochmals geringfügig gesunken, von 13 auf elf Prozent. Die Geschäftslage sei befriedigend, diese Antwort kreuzten 46 Prozent (Frühjahr 2014: 44 Prozent) an. Den Fragebogen hatten von Mitte März bis Anfang April mehr als 580 Betriebe ausgefüllt.

"Mit viel Zuversicht gehen die Handwerksunternehmen der Region Köln-Bonn in das Sommerhalbjahr", weist Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, auf den stabilen Konjunkturtrend im Handwerk hin. Denn 32 Prozent der Handwerksunternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine Verbesserung der Geschäftslage, nur neun Prozent befürchten eine Verschlechterung. Knapp 60 Prozent der Betriebsinhaber rechnen mit einer gleichbleibenden Entwicklung, was "bei der guten Ausgangslage bereits ein sehr erfreuliches Ergebnis ist", so Weltrich.

Anders als in früheren Jahren gab es im letzten Winterhalbjahr keinen Beschäftigungsrückgang. Denn in 18 Prozent der Unternehmen stieg die Beschäftigtenzahl, nur 14 Prozent beschäftigen derzeit weniger Mitarbeiter als vor einem halben Jahr. In zwei Drittel der befragten Unternehmen gab es in den zurückliegenden sechs Monaten keine Veränderung im Personalbestand.
Der Spitzenreiter beim aktuellen Konjunkturbarometer des Handwerks sind die Ausbaugewerbe: Dass die Geschäftslage des Betriebs gut ist, teilen 57 Prozent der Tischlereien mit und 52 bzw. 53 Prozent der Elektrobetriebe und der Sanitär- und Heizungsbaufirmen. Auch die Unternehmen des Bauhauptgewerbes schätzen den Wirtschaftsverlauf ganz überwiegend als gut oder befriedigend ein, der Anteil der Betriebe mit schlechter Geschäftslage ist in dieser Branche im Vergleich zum Frühjahr 2014 nur von 12 auf 13 Prozent gestiegen. Laut Berechnung des Statistischen Landesamts Nordrhein-Westfalen konnte das Bauhauptgewerbe 2014 seinen Umsatz um 2,9 Prozent ausweiten.

Hingegen legte der Umsatz der Ausbaugewerbe nur um 0,9 Prozent zu, in der Heizungs- und Sanitärbranche nur um 0,6 Prozent. Das sei ein eher enttäuschendes Ergebnis, im Hinblick auf den Erneuerungsbedarf in vielen Wohnimmobilien habe diese Branche mehr Wachstumspotential, als es die aktuellen Umsatzzahlen vermuten lassen, erläutert Weltrich. Nach seiner Einschätzung werden die Immobilieneigentümer von der sich seit mehreren Jahren hinziehenden Kontroverse um die steuerliche Förderung gebäudeenergetischer Sanierungen verunsichert. "Die Rahmenbedingungen am Wohnungsmarkt haben sich leider verschlechtert, die Ende 2014 vom Landtag beschlossene Anhebung der Grunderwerbssteuer auf 6,5 Prozent - vor vier Jahren waren es erst 3,5 Prozent - halten wir für falsch", so der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Ein Warnsignal sei auch der Rückgang bei den Baugenehmigungen: Gemessen an der Zahl der 2014 genehmigten Wohnungen macht der Rückgang in Nordrhein-Westfalen acht Prozent aus, im Regierungsbezirk Köln ist es ein Minus von 9,4 Prozent. Zuwächse erzielen allerdings die drei kreisfreien Städte Bonn, Köln und Leverkusen.

Neben den Bau- und Ausbauberufen gehört auch das Kfz-Handwerk zu den umsatzstarken Handwerksbranchen. Trotz des 2014 erreichten Umsatzwachstums von 2,8 Prozent sind die Unternehmen des Kraftfahrzeuggewerbes derzeit weniger zufrieden mit dem Wirtschaftsverlauf als die anderen Handwerksgruppen, 21 Prozent der befragten Kfz-Betriebe sprechen von einer schlechten Geschäftslage. Dennoch blickt auch diese Branche eher mit Optimismus in die Zukunft: 41 Prozent der Betriebsinhaber erwarten in den kommenden Monaten eine Verbesserung, nur 15 Prozent befürchten eine Verschlechterung ihrer Geschäfte.

Etwas gedämpft ist die Stimmung in den Handwerksberufen, die Dienstleistungen für Privatkunden erstellen (Friseure, Schuhmacher, Fotografen usw.): Im Vergleich zum Herbst 2014 ist der Anteil der Betriebe, die die Geschäftslage als schlecht einstufen, von elf auf 21 Prozent gestiegen. Immerhin sprechen auch in dieser Gruppe 28 Prozent von einer guten und 51 Prozent von einer befriedigenden Geschäftslage.

Dank des für 2015 absehbaren Wirtschaftswachstums wird das Steueraufkommen erneut zulegen, daher "habe ich kein Verständnis für die Steuererhöhungen, die derzeit von vielen Kommunen in unserer Region beschlossen werden", so Weltrich. Die Kritik der Handwerkskammer richtet sich auf die drastische Anhebung der Grundsteuer B, beispielsweise in Siegburg von 460 auf 790 Hebesatzpunkte im Jahr 2015. Für Bonn hat die Stadtverwaltung eine Anhebung von 530 auf 830 Hebesatzpunkte vorgeschlagen. In Hückeswagen geht es um die Erhöhung von 435 auf 725, in Overath von 480 auf 850 Hebesatzpunkte. Damit wird nicht nur das Wohnen erheblich verteuert, gleichermaßen sind auch gewerblich genutzte Immobilien stark belastet. Nach einer Modellberechnung der Handwerkskammer müsste ein Bonner Handwerksunternehmen mit rund 30 Mitarbeitern, das bisher 7.000 Euro für die Grundsteuer B aufbringen muss, künftig 11.500 Euro an die Stadtkasse zahlen.

Auch in Köln fehlt es "an einer verlässlichen Mittelstandspolitik, die von der Handwerkskammer vorgeschlagene Mittelstandsinitiative ist bis heute nicht unterzeichnet", so Weltrich. Die vom Stadtrat beschlossene Wiedereinführung der beschränkten Ausschreibung als mittelstandsfreundliches Vergabeinstrument sei bislang nicht umgesetzt worden. Statt das Handwerk zu fördern, gehe die Stadt wieder in die Eigenreinigung ihrer Immobilien und fördere kommunale Unternehmen: 860.000 Euro für die Reinigung des Rheinboulevards durch die kommunale AWB zeige, "wie unwirtschaftlich dort gearbeitet wird".