Ratgeber AusbildungsrechtUrlaub

Wie viel Urlaubsanspruch haben Auszubildende jährlich?

Sofern nicht günstigere tarifvertragliche Regelungen bestehen, ergibt sich der Mindesturlaubsanspruch

  • für Jugendliche aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz,
  • für Erwachsene aus dem Bundesurlaubsgesetz

Der gesetzliche Urlaubsanspruch für Jugendliche beträgt gem. § 19 JArbSchG:

  • mindestens 30 Werktage, wenn Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt sind
  • mindestens 27 Werktage, wenn Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt sind
  • mindestens 25 Werktage, wenn Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt sind

Maßgeblich ist das Alter zu Beginn des Kalenderjahres (01.01. / 0:00 Uhr). Wer zu Beginn des Kalenderjahres 18 Jahre und älter ist, erhält Urlaub nach Erwachsenenrecht (gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch: 24 Werktage = 20 Arbeitstage; § 3 Abs. 1 BUrlG).



Was sind Werktage, was sind Arbeitstage?

Urlaubsansprüche werden unterschiedlich angegeben, gesetzliche Ansprüche meist in Werktagen, tarifliche dagegen in Arbeitstagen.

Werktage sind alle Tage, außer Sonn- und Feiertagen, also normalerweise von Montag bis Samstag (6-Tage-Woche).

Arbeitstage sind dagegen nur die Tage von Montag bis Freitag (5-Tage-Woche) außer Feiertage.

Ist der Urlaub nach Werktagen angegeben, gilt aber im Betrieb die 5-Tage-Woche ist entsprechend umzurechnen:

  • 1 Urlaubswoche   =   6 Werktage =  5 Arbeitstage
  • 2 Urlaubswochen = 12 Werktage = 10 Arbeitstage
  • 3 Urlaubswochen = 18 Werktage = 15 Arbeitstage
  • 4 Urlaubswochen = 24 Werktage = 20 Arbeitstage
  • 5 Urlaubswochen = 30 Werktage = 24 Arbeitstage
  • 6 Urlaubswochen = 36 Werktage = 30 Arbeitstage


Teilurlaubsanspruch

Besteht das Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr weniger als 12 Monate, haben Auszubildende nur Anspruch auf Teilurlaub. Jeden vollen Ausbildungsmonat 1/12 des Jahresurlaubs. Bruchteile von mindestens einem halben Tag sind aufzurunden (§ 5 Abs. 2 BUrlG).

Ausnahme:

Bei AUSBILDUNGSBEGINN vor dem 01.07. oder AUSBILDUNGSENDE nach dem 30.06. hat der Azubi stets mindestens den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch.

Dieser Mindestanspruch darf nicht unterschritten werden (Bundesarbeitsgericht, 08.03.1984, BB 1984, 1489). Gelangt man also bei der Berechnung des Teilurlaubs in diesen Fällen zu Urlaubsansprüchen, die unter dem gesetzlichen Mindestanspruch liegen, ist dies entsprechend zu korrigieren:

Beispiel:

  • Ausbildungsbeginn: 01.06.20xx (= 7 volle Ausbildungsmonate im  laufendem Jahr)
  • Jahresurlaubsanspruch: 30 Arbeitstage (Tarifvertrag IG Metall)
  • Urlaubsanspruch 20xx: eigentlich: 18 Arbeitstage (30 AT : 12 x 7 = 17,5 AT ; aufgerundet)
  • Der Urlaubsanspruch von 18 Tagen liegt dann unterhalb des gesetzlichen Mindestanspruchs und wird daher auf 20 Arbeitstage korrigiert.


Wann entsteht der Urlaubsanspruch?

Der Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach Erfüllung der Wartezeit, in den Folgejahren jeweils zu Beginn des Kalenderjahres. Die Wartezeit beträgt 6 Monate ab Vertragsbeginn (§ 4 BUrlG). Der Betrieb kann auch schon in der Wartezeit Urlaub gewähren (muss dies aber nicht!). Die weit verbreitete These, dass in der Probezeit kein Urlaubsanspruch besteht stimmt also nicht.



Was passiert, wenn der/die Auszubildende im Urlaub erkrankt?

Krankheitstage, für die der/die  Auszubildende ein ärztliches Zeugnis vorlegen kann, dürfen nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Auszubildende sollten im Krankheitsfall auch im Urlaub unverzüglich Kontakt mit dem Ausbildungsbetrieb aufnehmen und die Krankheit anzeigen.

 

Urlaubsgewährung

Den Zeitpunkt des Urlaubs bestimmt der Ausbildungsbetrieb, wobei die Wünsche der Auszubildenden zu berücksichtigen sind.

Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin kann einheitliche Betriebsferien festlegen. Der/die Auszubildende muss dann in dieser Zeit Urlaub nehmen. Sofern ein Betriebsrat besteht, muss dieser der Betriebsferienregelung zustimmen.

Bei Jugendlichen soll der Urlaub während der Berufsschulferien gewährt werden (§ 19 Abs. 3 JArbSchG). Es müssen gravierende Gründe vorliegen, damit der Betrieb nicht an diese gesetzliche Regelung gebunden ist.

Bereits genehmigter Urlaub kann vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin nicht einseitig wiederrufen werden.



Ansprüche des/der Auszubildenden bei Nichtgewährung des Urlaubs

Der/die Auszubildende ist in keinem Fall berechtigt, eigenmächtig den Urlaub anzutreten (BAG 25.10.1994, NZA 95,591). Der eigenmächtige Urlaubsantritt ist eine Vertragsverletzung, die zur Abmahnung und ggf. fristlosen Kündigung berechtigt. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin trotz Geltendmachung den Urlaub nicht erteilt. Der/die Auszubildende kann nur beim Arbeitsgericht im Wege der einstweiligen Verfügung oder Leistungsklage den Urlaubsanspruch geltendmachen.

Gewährt der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin einen beantragten Urlaub nicht, obwohl die Urlaubserteilung objektiv möglich ist, gerät er in Verzug (§ 284 Abs. 1 BGB). Mit Ablauf des Urlaubsjahres tritt dann an die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs gem. §§ 249 Satz 1, 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 287 Satz 2 BGB ein Ersatzurlaubsanspruch in gleicher Höhe. Dieser kann jederzeit innerhalb der 10jährigen Verjährungsfrist, gerechnet ab dem 1.1. des Folgejahrs (§ 199 BGB) geltend gemacht werden (BAG Urteil vom 7.11.1985 EzA § 7 BUrlG Nr. 39).

Beispiel:

  • Urlaubsanspruch 20xx: 20 Arbeitstage - wirksam geltend gemacht. Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin verweigert die Urlaubsgewährung.
  • Der Urlaubsanspruch erlischt damit zunächst am 31.12.20xx des jeweiligen Jahres. Das Erlöschen tritt nämlich automatisch mit Ablauf des Kalenderjahres ein, egal aus welchem Grund die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs unterblieben ist. Es besteht kein Übertragungsanspruch nach § 7 Abs. 3 S. BURLG, da die Urlaubsgewährung betrieblich möglich war.
  • Der/die Auszubildende hat aber als Schadenersatz einen Ersatzurlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen. Kann der/die Auszubildende diesen Urlaubsanspruch wegen zwischenzeitlich eingetretenem Ausbildungsende nicht mehr realisieren, kann er/sie den Ausgleich in Geld verlangen.
     

 

Übertragbarkeit des Urlaubsanspruchs in das Folgejahr

Der Urlaubsanspruch besteht grundsätzlich nur für die Dauer des Urlaubsjahres und erlischt automatisch am 31.12. des jeweiligen Jahres (Grundsatz der Bindung des Urlaubs an das Urlaubsjahr- BAG 25. 8.9.87 EzA § 7 BUrlG Nr. 57).

 

Der Auszubildende hat einen Anspruch auf Übertragung des Urlaubs in das nächste Kalenderjahr, wenn dringende betriebliche oder in seiner Person liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 BUrlG).

  

  • z.B. Großauftrag, für den die gesamte Belegschaft gebraucht wird und durch den ein Urlaub im Urlaubsjahr nicht möglich ist
  • z.B. Arbeitsunfähigkeit, durch die ein Urlaub im Urlaubsjahr nicht möglich ist
     

Der übertragene Urlaubsanspruch kann gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG nur bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden - sofern keine anderweitigen tariflichen
oder einzelvertraglichen Regelungen bestehen. Der übertragene Anspruch erlischt, wenn die Verwirklichung des Urlaubs auch im Übertragungszeitraum wegen dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich gewesen ist (BAG 04.11.87 EzA § 7 BUrlG Nr. 61).

Beispiel:

Azubi hat aus 2021 noch Urlaubsrestanspruch von 5 Arbeitstagen, den er wegen Arbeitsunfähigkeit 2021 aber nicht realisieren konnte.

Azubi kann daher gem.  § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG die Übertragung dieses Urlaubsanspruchs bis 31.03.2022 verlangen.

Nimmt der Azubi den Resturlaub 2021 aber nicht bis einschließlich 31.03.2022, erlischt der Urlaubsanspruch 2021 endgültig, wenn der Arbeitgeber ihn vorab darauf hingewiesen und aufgefordert hat, den Resturlaub bis dahin zu nehmen.

Ausnahme:

Konnte der Azubi den Urlaub aber krankheitsbedingt weder im Urlaubsjahr noch im Übertragungszeitraum bis zum 31.03. des Folgejahres nehmen, verfällt er erst am 31.03. des drauffolgenden Jahres.

Darf der/die Auszubildende während des Urlaubs für einen anderen Arbeitgeber arbeiten?

Nein, grundsätzlich darf der/die Auszubildende während des Urlaubs keine Erwerbstätigkeit ausüben, die dem Urlaubszweck widerspricht.



Entsteht der Urlaubsanspruch bei Betriebswechsel des/der Auszubildenden neu?

Nein. Wenn der/die Auszubildende bereits von früheren Ausbildungsbetrieb Urlaub erhalten hat, dann besteht kein Urlaubsanspruch mehr gegenüber dem neuen Ausbildungsbetrieb (§ 6 BurlG Abs. 1). Der frühere Ausbildungsbetrieb ist daher verpflichtet, dem/der Auszubildenden bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses eine Bescheinigung über den bereits im Kalenderjahr gewährten Urlaub auszuhändigen.

Der neue Ausbildungsbetrieb kann die Urlaubsgewährung bis zur Vorlage dieser Bescheinigung hinausschieben. Im Übrigen hat der/die Auszubildende im neuen Betrieb einen Urlaubsanspruch erst nach Ablauf einer erneuten Wartezeit.



Zulässige Sanktionsmöglichkeiten bei eigenmächtigem Urlaubsantritt/unentschuldigtem Fehlen

  • Der eigenmächtige Urlaubsantritt ist eine Vertragsverletzung, die zur Abmahnung und ggf. fristlosen Kündigung berechtigt.
  • Bei Nichterfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag hat der/die Auszubildende keinen Anspruch auf die entsprechende Ausbildungsvergütung (§§ 320 BGB, "Kein Lohn ohne Arbeit"). Der Ausbildungsbetrieb kann ihm/ihr hierfür die anteilige Ausbildungsvergütung abziehen. Die Berechnung richtet sich nach § 18 Abs. 1 BBIG
  • Für unentschuldigte Fehlzeiten darf kein Urlaubstag abgezogen werden, da der Urlaubsanspruch nicht an die Arbeitsleistung des AN gebunden ist.

Auch eine entsprechende Vereinbarung mit dem/der Auszubildenden verstößt gegen §§ 134 BGB bzw. § 4 TVG und ist daher nichtig.

Ausnahme:

Ausdrückliche tarifliche Regelung!