Wichtige Änderung der Zahlungsregelung in § 16 VOB/B zum 13.07.2012
Am 13.07.2012 ist eine Änderung der VOB/B in Kraft getreten, die zur Umsetzung einer EU-Richtlinie (2011/7/EU) vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in nationales Recht erforderlich war. Die vorgenommene Änderung beschränkt sich zwar auf die Regelung zur Zahlung in § 16 VOB/B, führt hier jedoch zu wesentlichen Änderungen bezüglich der Fälligkeit von Schlussrechnungsforderungen sowie der Prüffrist der Schlussrechnung. Mit Ausnahme des § 16 wurden die Regelungen der VOB/B Ausgabe 2009 ansonsten ohne Änderungen in die Ausgabe 2012 übergeleitet. Eine Gesamtausgabe der VOB 2012 mit den Teilen A, B und C wird voraussichtlich im Oktober 2012 herausgegeben.
Derzeit bestehen noch Unklarheiten über die Frage, ob die Neuregelung der VOB/B bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung oder erst mit der Herausgabe der neuen Gesamtausgabe gilt. Dies gilt insbesondere für solche Verträge, die auf die VOB/B "in der derzeit geltenden Fassung" Bezug nehmen. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten für künftige Vertragsschlüsse in den nächsten Monaten ist es deshalb ratsam, ausdrücklich die "VOB/B 2012" zu vereinbaren und nicht lediglich dynamisch auf die VOB "in der jeweiligen Fassung" zu verweisen.
Insbesondere handelt es sich um folgende Änderungen in § 16 VOB/B.
- Die Prüffrist der Schlussrechnung wurde von 2 Monaten auf 30 Tage reduziert (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B 2012). Nur in Ausnahmefällen verlängert sich diese Frist auf 60 Tage, wenn die Verlängerung auf Grund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist und ausdrücklich vereinbart wurde. Dies bedeutet, dass der Werkunternehmer nunmehr den Ausgleich seiner Schlussrechnung bereits nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung einfordern kann.
Wann eine solche sachliche Rechtfertigung für eine vertraglich vereinbarte Fristverlängerung vorliegt, ist durch die Neuregelung leider nicht abschließend klar geregelt worden. Vermutlich wird eine sachliche Rechtfertigung dann anzunehmen sein, wenn die Prüfungsunterlagen bzw. die Schlussrechnung selber komplex sind und fachtechnischer Sachverstand notwendig ist. Zur Verhinderung einer Fälligkeit bereits nach 30 Tagen wird der Auftraggeber zukünftig versuchen, eine entsprechende Vereinbarung im Vertrag herbeizuführen und neben der fachlichen Komplexität auch die Notwendigkeit einer fachlichen Unterstützung behaupten. Zur Vermeidung von zeit- und nervenraubenden Auseinandersetzungen sollten zukünftig alle Werkunternehmer deshalb möglichst bereits bei Vertragsschluss darauf drängen, ausdrückliche Vereinbarungen über die Fälligkeit von Schlussrechnungen zu vereinbaren. Zu beachten ist, dass auch die verkürzte Prüffrist kalendergenau zu berechnen ist: 30 Tage sind nicht zwangsläufig 1 Monat! - Dieser Prüffrist angepasst wurde die Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 3VOB/B 2012, nach der Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung nur innerhalb der sich jeweils ergebenden Prüfungsfrist - von 30 oder 60 Tagen - erhoben werden können.
Einwendungen gegen die Richtigkeit der Schlussrechnung können allerdings auch noch später erhoben werden. - Des Weiteren wurden auch die Verzugsregelungen des § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B 2012 entsprechend geändert.
Nach der alten Regelung kam der Auftraggeber in Verzug, wenn er bei Fälligkeit sowie auch nach angemessener Nachfrist durch den Auftragnehmer nicht zahlt. Mit Ende der Nachfrist trat der Verzug ein.
Nach der Neuregelung gerät der Auftraggeber, ohne dass es einer gesonderten Mahnung oder Nachfristsetzung bedarf, spätestens mit Ablauf der Prüffrist von 30 bzw. 60 Tagen nach Zugang der Rechnung in Zahlungsverzug. Die 30-Tage-Frist kann auch hier durch eine ausdrückliche Vereinbarung auf höchstens 60 Tage verlängert werden, wenn die Fristverlängerung auf Grund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist. - Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nach der Neuregelung der VOB/B nicht mehr auf die Leistungshandlung - also auf die Anweisung des Schlussrechnungsbetrages - an, sondern auf den Erhalt des Geldes beim Auftraggeber; bei bargeldloser Überweisung mithin auf den Geldeingang auf dem Konto des Auftragnehmers.
Derzeitig wird überwiegend davon ausgegangen, dass diese Neuregelung auch auf Skontofristen zu übertragen ist und ein Skonto demnach nur noch dann berechtigterweise abgezogen werden kann, wenn der Zahlbetrag innerhalb der Skontofrist beim Auftragnehmer eingeht bzw. dessen Konto gutgeschrieben wird. - Im Rahmen der Neuregelung der Prüfungsfrist auf Kalendertage wurden auch die sonstigen Fristenregelungen in der VOB/B 2012 von Werktagen auf Kalendertage umgestellt. Anders als früher, sind nunmehr auch Sonn- u. gesetzliche Feiertage bei den Fristen mit zu berücksichtigen.
- Eine weitere Änderung des § 16 VOB/B bezieht sich auf die Fälligkeit der Abschlagszahlungen. Diese werden nicht mehr innerhalb von 18 Werktagen, sondern innerhalb von 21 Tagen nach Zugang der Abschlagsrechnung bzw. Aufstellung fällig. Ansonsten gelten auch für die Abschlagszahlungen die oben dargestellten Regelungen zum Verzugseintritt spätestens nach 30 bzw. 60 Tagen.
Der neue Text des § 16 VOB/B kann hier eingesehen werden.
27.08.2012, RAin S. Schönewald