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Bundesverwaltungsgericht betont Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Einführung von Fahrverboten. Handwerkskammer befürchtet Dieselfahrverbote in Köln und Bonn. Diesel-Urteil

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit seinem Urteil vom 27. Februar Dieselfahrverboten endgültig den Weg bereitet. Es steht zwar noch nicht fest, ob und in welcher Form Fahrverbote in den einzelnen von Stickoxid belasteten Städten kommen werden, aber der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, Dr. Ortwin Weltrich, befürchtet, dass die betroffenen Kommunen darin ein „Allheilmittel“ gegen Stickoxide sehen. Er sieht viele Handwerksbetriebe und damit Arbeitsplätze in der Region durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gefährdet: „Fahrverbote für Dieselautos in Köln und Bonn würden unsere Unternehmen in der ganzen Region treffen. Auch die Betriebe aus dem Umland sind von den Aufträgen in den Metropolen abhängig. Wenn sie mit ihren Fahrzeugen nicht mehr zu ihren Kunden in den Cities kommen, wird es zu empfindlichen Beschäftigungs- und Umsatzeinbußen kommen. Wir beschäftigen im Handwerk in der Region rund 190.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der aus den Fahrverboten resultierende Auftragsrückgang würde auch Arbeitsplätze gefährden. Zudem wäre die Versorgung der Innenstadtbewohner mit Gütern und Dienstleistungen nicht mehr zu gewährleisten.“

Noch härter als die Betriebe aus dem Umland würde ein Dieselfahrverbot die Unternehmen mit Standort in einer der beiden Innenstädte treffen. Weltrich: „Selbst wenn es für Firmenfahrzeuge Ausnahmegenehmigungen geben sollte, wird es in den Betrieben zu Problemen kommen. Viele der rund 75.000 im Kölner und im Bonner Handwerk Beschäftigten würden mit ihren Autos nicht mehr zur Arbeit kommen können.“ Die Kammer schätzt, dass 15.000 bis 20.000 Mitarbeiter davon betroffen wären. Das könne man weder mal eben mit dem ÖPNV noch mit dem Fahrrad auffangen, mahnt Weltrich.

Die Handwerkskammer habe in der Vergangenheit insbesondere von der Stadt Köln immer wieder ein Bündel von Alternativmaßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung gefordert, passiert sei allerdings nichts. Das Handwerk habe hingegen konsequent gehandelt und in den letzten Jahren im Sinne der Luftreinhaltung viel Geld in - wie sich leider gezeigt hat – nur vermeintlich saubere Autos investiert. Dieses vorbildliche Handeln dürfe jetzt nicht noch durch Fahrverbote bestraft werden.

„Wir müssen genau abwägen, welche Maßnahmen wann und wo ergriffen werden. Generelle flächenbezogene Dieselfahrverbote lehnen wir seitens des Handwerks allerdings ebenso ab wie die Einführung einer „Blauen“ Umweltplakette in den Umweltzonen von Köln und Bonn. Sofern Fahrverbote unvermeidbar werden sollten, dürfen diese nur streckenbezogen festgelegt werden. Dies steht auch im Einklang mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieselfahrverbote dürfen nur für die Straßenabschnitte, in denen es zu massiven Überschreitungen des Stickoxidgrenzwertes kommt, ausgesprochen werden, nicht für ganze Innenstädte. Wir werden auch deshalb die seitens des Landesamtes für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) ermittelten Stickstoffdioxidwerte an ausgewählten Hotspots in Köln durch Eigenmessungen validieren“, kündigt Weltrich an. In Köln ist besonders der Clevische Ring mit 62 µg/cbm NO2 und in Bonn die Reuterstraße mit 49 µg/cbm NO2  belastet.

„Das Bundesverwaltungsgericht hat besonders die Überprüfung der Luftreinhaltepläne nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip hervorgehoben. Das bedeutet, dass Übergangsregelungen für das Handwerk vorgesehen werden müssen. Das gilt auch für die Beschäftigten im Handwerk“, erklärt Weltrich. Für ihn sind auch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Stuttgart von großer Bedeutung, wonach unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit Euro-5-Fahrzeuge noch bis Herbst 2019 in der Umweltzone genutzt werden dürfen. Diese Zeit solle für ein Nachrüstprogramm für Handwerkerfahrzeuge genutzt werden, so Weltrich.

Außerdem warnt die Handwerkskammer vor Schnellschüssen. Zunächst müsse das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts genau analysiert werden.